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Nutzen? Nutzlos? Nutri-Score

Seit Jahren versuchen Verbaucherschützer eine einfache und transparente Kennzeichnung von Lebensmitteln zu schaffen. Konsumenten sollen auf einen Blick einschätzen können, wie ausgewogen ein Produkt ist. Während einzelne Hersteller den Nutri-Score bereits umsetzen wollen, laufen Industrieverbände und zwielichtige Vereine dagegen Sturm.

Der sogenannte Nutri-Score ist eine farbbasiertes Skala, welche auf den ersten Blick ersichtlich machen soll, ob ein Produkt eher eine Zuckerbombe ist, oder viele wertvolle Inhaltstoffe beinhaltet. Die Bestnote ist ein A auf dunkelgrünem Grund, die Schlechteste ein E auf signalrotem Grund. Kunden sollen es einfacher haben, schnell zwei Produkte derselben Kategorie vergleichen zu können. Seit 2017 gibt es die Kennzeichnung in Frankreich, sie basiert aber auf Freiwilligkeit. Die nationale französische Gesundheitsbehörde, Santé publique France, hat sich den Nutri-Score als Marke schützen lassen und gibt dementsprechend die Rahmenbedingungen vor. Sie kontrolliert zudem die Verwendung und kann Strafen bei Missbrauch erlassen. Ob dies in Deutschland zulässig ist, ist noch nicht endgültig geklärt.

Nutri-Score-Berechnung: einfach und transparent

Die Berechnung des Nutri-Score erfolgt durch den Hersteller, eine unabhängige Kontrollbehörde gibt es nicht. Das Ergebnis ist dann gut sichtbar auf der Vorderseite des Produkts angebracht. Betrachtet werden immer 100 Milliliter oder 100 Gramm des Produkts. Augenmerk liegt auf den Nährstoffen anhand der Nährwertetabelle, sowie dem Obst-, Gemüse- und Nussanteil. Die Endnote wird in drei Schrittenerrechnet: Im Ersten werden die Mengen von Inhaltsstoffen und Eigenschafften geprüft. Negativ zu buche schlagen der Energiewert in Kilokalorien, die Zuckermenge in Gramm, die Menge der gesättigte Fettsäuren, sowie des Anteils von Natrium in Milligramm. Der Wert wird auf einer Skala zu Punkten (0: geringer Wert, 10: hoher Wert) umgerechnet. Maximale – damit aber gleichzeitig negativste – Punkteausbeute entspricht also 40 Punkten.

Dem gegenüber stehen Eigenschaften, die eine positive Wirkung auf die menschliche Gesundheit haben: Ballaststoffe und Eiweiß in Gramm sowie der Obst-, Gemüse-, und Nussanteil in Prozent. Auch hier wird die Punktzahl über eine Umrechnung auf der Skala übertragen. Ein sehr hoher Eiweißanteil entspricht beispielsweise fünf Punkten, womit sich eine maximale Anzahl von 15 punkten in der „positiven“ Rubrik ergibt.

Im Zweiten Schritt wird die Summe der positiven Eigenschaften und Inhaltsstoffe von der Summe der Negativen abgezogen. Anhand der daraus resultierenden Punktzahl wird das Produkt im dritten Schritt eingeordnet. Ein kräftiges grünes A erhalten die Erzeugnisse mit einer Punktzahl von -15 bis -1, ein knalliges rotes E entspricht einer Punktzahl von 19 und mehr Punkten.

Kritik gibt es, Schwächen auch?

Produzenten, die sich entschieden haben diese Kennzeichnung zu wählen, müssen den Nutri-Score auf all ihren Produkten anwenden. Eine Verwendung nur auf den Gesunden und Ausgewogenen ist also nicht möglich. Dennoch gibt es wie immer auch Kritiker: Die Berechnung bezieht nicht alle Eigenschaften – wie den Vitamingehalt – mit ein, und ist deshalb zu stark vereinfacht. Ein Allheilmittel ist der Nutri-Score tatsächlich nicht. Möglicherweise werden Hersteller aber motiviert, Produkte anzupassen und Rezepturen zu überdenken.

Politik und zwielichtige Verbände

Ein weiterer Kritikpunkt umfasst die Freiwilligkeit der Kennzeichnung. Nicht zuletzt aufgrund der Federführung Julia Klöckners Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft wird diese beibehalten. Verbraucherschutzverbände wie Foodwatch, werfen ihr eine wohlwollende Politik gegenüber der Industrie und ihrer Verbände vor. Verbraucher und deren ausgewogene Ernährung werden ignoriert. Unternehmen wie Danone, Iglo und Bofrost hatten bereits angekündigt, den Nutri-Score trotzdem auf ihre Produkte anzuwenden und bieten teilweise auf ihren Websites schon umfassendes Informationsmaterial und Einordnungen. Erschüttert werden diese Bestrebungen jüngst vom Hamburger Landgericht, welches Iglo die Verwendung mittels einstweiliger Verfügung untersagt hat. Diesen Antrag stellte der dubiose „Schutzverband gegen Unwesen in der Wirtschaft e.V.“ mit Sitz in München, dessen Struktur weitestgehend unklar ist. Iglo kündigte an, in Berufung zu gehen. Aus einer Kennzeichnung, welche für mehr Transparenz führen und dem Schutz der Verbraucher dienen soll, wird also zunehmend ein Politikum.

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