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Region im Regal

Regional einkaufen wird immer beliebter wie es sein kann, dass Tomaten auch im Winter aus der Region kommen und wer kleinen Anbietern eine Chance gibt in den großen Supermärkten zu verkaufen.  

Einkauf im Supermarkt, Tatort Gemüseabteilung. Der Blick schweift über das vielfältige Angebot, schweift ab und bleibt hängen: Auf dem Foto eines lachenden Landwirts der inmitten eines saftig grünen Salatfeldes steht. Es ist das Werbebanner eines Nürnberger Rewe Marktes und strahlt Idylle und Sympathie aus. „Gut für dich. Und für deine Region.“ lautet der passende Werbespruch darunter.

Screenshot der Rewe Seite, auf der die Bauern „Deiner Region“ vorgestellt werden (Screenshot 04.12. : https://regional.rewe.de/bauer/thomas-schneider)
Screenshot der Rewe Seite. Dort stellt die Supermarktkette die kooperierenden Landwirte eurer Region vor. (Screenshot 04.12. : https://regional.rewe.de/bauer/thomas-schneider)

Nachdem ökologisch angebaute und hergestellte Lebensmittel längst im Markt etabliert sind, könnte man meinen, dass Regional das neue Bio sei. Das geht auch aus dem Lebensmittelreport des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft hervor. Dieser besagt, dass mittlerweile 78% der Konsumenten Wert auf Regionalität bei Lebensmitteln legen. So lässt einen das Gewissen oder auch die Überzeugung immer häufiger zur regionalen Alternative, statt zu den angepriesen Tomaten aus Spanien greifen. Das ist gut und wichtig. Verbraucher tragen damit zu einer Verringerung der ausgestoßenen Emissionen bei, da der Transportaufwand bei regionalen Lebensmitteln logischerweise deutlich kleiner ist.

Lebensmitteltransport in Zahlen  

Die Zahlen des Berichts „Umwelt und Landwirtschaft 2018“ des Umweltbundesamts sprechen für sich: Pro Jahr stammen zwar nur 3,5% der konsumierten  Nahrungsmittel aus Übersee, jedoch sind diese für ca. 39% der Luftverunreinigungen verantwortlich. Leichtverderbliche und empfindliche Produkte, wie exotische Früchte oder Fisch, werden mit dem Flugzeug transportiert. Mit dem Transport per Luftfracht pro Kilogramm entstehen 170-mal mehr Emissionen, als bei Produkten, die per Schiff importiert werden. LKWs transportieren hierzulande den Großteil der Lebensmittel. Somit macht Nahrung ein Fünftel des gesamten Straßengüterverkehrs aus. 

Die Grafik zeigt, dass der Zug die umweltfreundlichste Transportmöglichkeit ist. (Grafik: Umweltbundesamt)
Die Grafik zeigt, dass der Zug die umweltfreundlichste Transportmöglichkeit ist. (Grafik: Umweltbundesamt)

Deutsche Tomaten im Winter 

Wer von regional spricht, kommt auch am Wörtchen saisonal nicht vorbei. Dass  in Deutschland normalerweise keine Gemüsesorten gibt, die auf den Feldern im Winter wachsen, weiß jedes Kind. Aber wie kommt es, dass es dennoch 365 Tage im Jahr Gemüse aus Deutschland zu kaufen gibt?  

Die Antwort findet sich in Hightech Gewächshäusern, wie sie zum Beispiel von der Familie Scherzer im fränkischen Knoblauchsland zu finden sind. „Ein automatisches Bewässerungssystem versorgt die Tomaten mit Regenwasser. Das Wasser ist mit den wichtigsten Spurenelementen angereichert, um den Pflanzen mehr Mineralstoffe bieten zu können.“ erklären Mitarbeiter des Betriebs in einem Beitrag des BR. Die jungen Gemüsepflanzen wachsen dann auf einem Substrat aus Kokosfasern und brauchen ungefähr zwei Monate zum reifen. Um das ganze Jahr Gemüse ernten zu können, beheizen die Landwirte das Treibhaus und beleuchten es künstlich. Dabei nutzen sie die benötigte Energie sehr effizient. Mit einem neuartigen System beispielsweise wird die aufbereitete, mit CO2- angereicherte Abluft des Gasmotors in das Gewächshaus zurückgeblasen. Sie wirkt dort wie ein Dünger und steigert das Pflanzenwachstum zusätzlich. Die Ernte findet erst statt, wenn die Tomaten schön rot und reif sind. Das spanische Gemüse hingegen ist im gepflückten Zustand meist noch grün und reift erst auf dem Transportweg  nach. „Wir ernten heute und morgen sind wir im Geschäft, das schaffen die Konkurrenten aus Spanien nicht.“ 

Regionalverbände als Vermittler

Auch dass die Produkte kleinerer, regionaler Anbieter im Supermarkt vertreten sind, ist keinesfalls selbstverständlich. Im Brandeins Artikel „Frisch vom Acker“ beschreibt der Autor Christian Sywottek die Supermarktketten treffend als „die „härtesten Türsteher Deutschlands“. Regionale Produkte finden ihren Weg in die Regale oft nur über Inhabergeführte Betriebe von Edeka oder Rewe. Dort können die Filialleiter eigene Entscheidungen treffen und solche Lebensmittel im Sortiment aufnehmen. Regionalverbände wie „original regional“ aus der Metropolregion Nürnberg verhelfen den regionalen Landwirten beispielsweise mit Supermarktketten ins Geschäft zu kommen, gesehen zu werden und dienen  unter anderem als „Plattform für Anbieter von Regionalprodukten“ erklärt Susanne Niemela. Sie ist die Projektmanagerin des Regionalverbandes. 

„Wirklich regional einkaufen ist gar nicht so leicht“ 

Es gibt keine genaue Regelung, die eine Region definiert. Außerdem kann in Deutschland auch nur der Ort des letzten Verarbeitungsschrittes als Herkunft eines Produktes gelten. „Beim Kauf von als ‚regional‘ ausgezeichneten Produkten im Supermarkt sollte man in jedem Fall hinterfragen, woher das Produkt tatsächlich kommt. Stammen die Rohstoffe wirklich aus der näheren Umgebung, wurde das Produkt in der Region hergestellt? Oder ist der Regionsbegriff extrem weit gefasst, dass komplett Süddeutschland als eine Region gilt.“ erklärt Niemela. So ist es beispielsweise beim Regionalfenster der Fall. 

Das Regionalfenster gibt lediglich an, wo die Hauptzutat des Produkts herkommt und wo es verarbeitet wurde. (Foto: Elena Pruchniewski)

Das Regionalfenster gibt lediglich an, wo die Hauptzutat des Produkts herkommt und wo es verarbeitet wurde. (Foto: Elena Pruchniewski) 

„Das Wichtigste jedoch ist, sich umfangreich zu informieren. Sowohl im Internet, als auch in den Läden vor Ort” findet sie. „Außerdem wäre es wünschenswert, dass das Thema regionale Ernährung in allen Schulformen einen festen Platz findet. Und zwar nicht nur in der Theorie.“ 

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