Toggle Navigation

Virtual Reality: VR-Marketing in der Tourismusbranche

Virtual Reality ist beim Konsumenten angekommen! Mit der Veröffentlichung der HTC Vive und der Oculus Rift haben im Frühjahr 2016 gleich zwei Platzhirsche den VR-Markt betreten. Videospielexperten und Reviewer loben zwar die Technik beider Headsets, das Spieleangebot fällt aber mehr als enttäuschend aus. Größere Chancen für VR-Anwendungen eröffnen sich derzeit aber Abseits der Videospielindustrie. Für Fluggesellschaften und Reisebüros ist Virtual Reality auf dem besten Weg zum bestimmenden Marketingfaktor.

Per Knopfdruck an jeden Ort der Welt – Realities ermöglicht virtuelle Entdeckungsreisen rund um den Globus (Quelle: Realities/Steam).
Per Knopfdruck an jeden Ort der Welt – Realities ermöglicht virtuelle Entdeckungsreisen rund um den Globus. (Quelle: Realities/Steam)

Immersiver Tourismus

Mit “Realities” hat der Informatiker und ehemalige Spieleredakteur Dominic Escofier ein Programm für Oculus Rift und HTC Vive erschaffen, das sich nachhaltig auf den Tourismussektor auswirken könnte. Seine Firma realities.io machte sich den Aufschwung des VR-Markts zu Nutze und transportiert die interessantesten Locations der Welt auf die Displays von VR-Headsets. Reale Schauplätze rund um den Globus werden so zu frei erkundbaren, virtuellen Umgebungen. “Dazu nutzen wir eine Technik namens Photogrammetrie, die Orte bis in kleinste Details wie Fußspuren im Staub oder dem Mörtel zwischen den Sandsteinen einer mittelalterlichen Burg originalgetreu abbildet”, so realities.io-Mitbegründer Escofier in einem Interview mit PC Games Hardware.

Photogrammetrie transportiert den Innenraum dieser Kathedrale in den virtuellen Raum. (Quelle: Realities/Steam)
Photogrammetrie transportiert den Innenraum dieser Kathedrale in den virtuellen Raum. (Quelle: Realities/Steam)

Fremde Welten hautnah erleben

Der Zugang ist, ein VR-Headset vorausgesetzt, ganz einfach. Auf einem Globus lassen sich die Zielorte von Realities einfach anwählen. Per Eingabe via Controller findet sich der User im gewählten Schauplatz wieder und kann so beispielsweise die französische Grotte Chauvet erkunden. Der reiche Schatz an Wandmalereien in der Höhle lässt sich überdies durch freies Umsehen bestaunen. Ein Vorteil, der sich aus der Bewegungserkennung des VR-Headsets ergibt. Das Mittendrin Gefühl, die Immersion, macht sich aber nicht nur optisch bemerkbar: In der Chauvet-Höhle sind zum Beispiel Tropfgeräusche des an Stalaktiten herabrinnenden Wassers zu hören. Der virtuelle Besuch einer Kathedrale wiederum wird von leisem Choralgesang begleitet. In Kombination sorgt das für ein bildgewaltiges und äußerst atmosphärisches Erlebnis.

Der Realities-Teaser vermittelt einen Eindruck der bildgewaltigen VR-Eindrücke des Programms. (Quelle: realities.io)

Aktuell können via “Realities” lediglich eine handvoll Orte virtuell erkundet werden. Für die Abbildung von Schauplätzen rund um den Globus arbeitet Escofiers Firma realities.io mit Landschaftsfotografen und Kulturorganisationen aus aller Welt zusammen. Nach und nach sollen mehr Locations folgen und den virtuellen Globus füllen. Eine Chance für den ganzen Tourismus-Sektor. Statt nur einer Reisebuchung mit Flug, Hotel und Bus-Tour könnte so schon vorab ein Vorgeschmack, ein Gefühl, ein handfester Eindruck des Reiseerlebnisses verkauft werden. Zwar ersetzen virtuelle Zimmer-Rundgänge im Webbrowser schon jetzt Katalogfotos, der Einsatz von VR-Headsets stellt aber eine noch bessere Möglichkeit dar Besonderheiten von Hotels herauszustellen und greifbar zu machen. Ein Appetizer, der die Reiselust wecken soll und schon bald ein bestimmendes Marketing-Argument der Tourismus-Branche werden könnte.

In drei europäischen Städten bot British Airways eine virtuelle Reise in die USA an. (Quelle: British Airways)

Ohne Flug in die USA – mit British Airways

Die Fluggesellschaft British Airways hat das bereits erkannt und sich die virtuelle Realität zu Nutze gemacht. Schon vor zwei Jahren startete die Airline dazu eine Testkampagne in Frankfurt, Paris und Mailand. Zu sehen gab es virtuelle USA-Reiseerlebnisse. Die Techdemo, die damals noch auf der Entwicklerversion DK2 von Oculus präsentiert wurde, bot Interessierten unter anderem einen Spaziergang durch Venice Beach oder einen Ausritt durch die texanische Prärie – mit Erfolg! Laut einer parallel zur Veranstaltung durchgeführten Umfrage ließen sich 55 Prozent der rund tausend befragten Deutschen bei der Urlaubsplanung gerne von solchen VR-Demos inspirieren. Der Produktionsaufwand der VR-Videos fällt dagegen recht gering aus. British Airways nutze dazu sechs ActionKameras auf einem speziell angefertigten Kamerastativ. In der Post-Produktion entstand daraus ein 360-Grad-Video in 4K-Auflösung.

Kostenlos in der First Class Platz nehmen – die Lufthansa VR-App macht es möglich. (Quelle: www.flickr.com/photos/richardmoross/948124215/ Richard Mororss)
Kostenlos in der First Class Platz nehmen – die Lufthansa VR-App macht es möglich. (Quelle: www.flickr.com/photos/richardmoross/948124215, Richard Mororss)

Upgrade in die First Class

Die Lufthansa verfolgt mit der hauseigenen VR-App ein ähnliches Ziel. In der kostenlosen Werbeanwendung für iOS- und Android-Geräte können sich Nutzer ein Bild vom Innenraum eines Airbus A380 und einer Boing 747 machen. Hierfür muss es auch kein teures VR-Headset sein, ein Pappgestell für das Smartphone, wie beispielsweise Google Cardboard reicht für die Lufthansa VR-App völlig aus. Neben interessanten Einblicken in den Frachtraum und das Cockpit dienen die VR-Videos aber vorrangig dazu, die Vorteile von Business- und First-Class herauszustellen. Virtuelle Rückenlehnen, Beinfreiheit und lächelndes Bordpersonal dürfen hier natürlich nicht fehlen. Ob die Zahl an Luxus-Upgrades durch die VR-App gestiegen sind, verrät die Lufthansa nicht. Dass dem wohl nicht so ist, zeigen auch die zurückhaltenden Bewertungen der Anwendung im Google Play Store. Das Potenzial ist zwar vorhanden, so richtig beim Verbraucher angekommen ist VR dann aber wohl doch noch nicht.

Quelle Titelbild: www.Oculus.com

Kommentiere