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Game of Drones

Drohnen spionieren, überwachen und erschießen. Anders als Ingenieure der Technischen Hochschule Nürnberg, die Drohnen für einen nützlichen Zweck einsetzen.

Ein leises Summen ertönt. Die sechs Propeller beginnen sich zu drehen, dann hebt der Hexakopter langsam, fast lautlos, ab. Das blaue Ohm-Logo der Hochschule prangt auf der orangefarbenen Haube. So ist sofort zu erkennen, dass es sich hierbei nicht um eine Kriegs- oder eine „Ich-spioniere-meinem-Nachbarn-hinterher-Drohne“ handelt.
„Ich nenne es lieber fliegendes Forschungssystem“, sagt Thomas Killing, „nicht Drohne“. Die Menschen verbinden die unbemannten Luftfahrzeuge oft mit dem Militär und Spionage oder neuerdings auch mit dem etwas zu neugierigen Nachbarn. „Multikopter bringen die Modellflugszene ins Private“, sagt der erfahrene Hobbypilot Killing, „Da wird viel Schindluder getrieben“.

Drohne ersetzt die konventionelle Datenerfassung

Drohnen haben aber weit mehr unter der Haube. Bereits im Jahr 1849 schickten die Österreicher unbemannte Luftfahrzeuge los, um Venedig anzugreifen. Später setzten die Amerikaner Drohnen zum Erkunden und Ausspähen ein. Die TH-Nürnberg hat da andere Pläne. Mit der eingebauten Kamera und einer Software, analysiert der Hexakopter Oberflächen. Wo früher Bauarbeiter Sandgruben mühsam mit der Hand vermessen mussten, oder Kletterer furchtlos an den Stahlseilen von Brücken entlang balanciert sind, um nach Rissen zu suchen, kommen jetzt Drohnen zum Einsatz.

Drohne der TH Nürnberg im Landeanflug
In die Drohe der TH Nürnberg ist eine GoPro Kamera eingebaut

Die Idee, einen Multikopter einzusetzen, kam dem Chefpiloten und Laboringenieur Killing und Lothar Forkert, Laborleiter der elektronischen Datenverarbeitung, schon im Mai 2014. Forkert, Student David Inwald und Thomas Killing wollen feststellen, ob es Abweichungen zu den konventionell vermessenen Daten gibt, oder ob die Drohne zuverlässig die korrekten Daten ermittelt.

Zur Datenauswertung ist eine Software notwendig

Den Basisbausatz konnten sich die Wissenschaftler nach ihren Wünschen zusammenstellen. Unter der Kopterhaube verbergen sich unter anderem ein GPS-Empfänger und ein Kompass. Damit kann die Drohne Koordinaten von Satelliten empfangen und ihre Lage steuern. Motoren mit einer Spannung von 22 Volt treiben die sechs Propeller an. Auch ein barometrischer Höhenmesser, wie in jedem gewöhnlichen Flugzeug, ist verbaut. So wie Beschleunigungssensoren, die Steuerelektronik und eine GoPro-Kamera. Damit Daten und Bilder empfangen werden können, ist ein Laptop notwendig. Eine Antenne am Notebook übermittelt die Koordinaten an den Hexakopter. Die Software analysiert und berechnet die von ihm ermittelten und gesendeten Informationen. Zur Visualisierung ist auf dem Laptop-Bildschirm eine Satelliten-Karte zu sehen.

Probleme beim selbstständigen Flug der Drohne

Das fliegende Forschungssystem wiegt insgesamt 4,7 Kilogramm. Steuern lässt es sich per Joystick. Der Kopter ist allerdings auch in der Lage autonom zu fliegen. Der Pilot gibt dazu die erforderlichen Koordinaten ein. Der selbständige Flug ist zwar sehr präzise, bringt aber Hürden mit sich. An diesen arbeiten Thomas Killing und sein Team derzeit. Kontakt zur Software nimmt das Luftfahrzeug über Bluetooth auf. „Das macht oft Schwierigkeiten“, sagt Killing. Umliegende Bäume und Sträucher stellen eine Gefahr dar. Sie können die Verbindung zu den Satelliten stören und es kann zu einem Absturz oder einem „fly away“ kommen. Der 5000 Euro teure Multikopter macht sich dann auf seine eigene Reise, welche je nach Akku Leistung, 20 Minuten dauern und 30 Kilometer weit weg enden kann.

„Eine Drohne ist kein Spielzeug“

Oft sind dann verzweifelte Gesichter zu beobachten. Haare die beim Hinterhersprinten im Wind wehen, Füße, die sich in den Rasen krallen, bei dem kläglichen Versuch die Drohne wieder zurück zu holen. Was gar nicht so einfach ist, denn je nach Modell kann ein Kopter eine Spitzengeschwindigkeit von 90 Kilometer pro Stunde erreichen. Fällt dann das Signal aus, muss die Drohne per Hand gesteuert werden, was viele Hobbypiloten nicht beherrschen.

Drohne der TH Nürnberg im Landeanflug
Drohne der TH Nürnberg im Landeanflug

Selbst Killing, der seit 30 Jahren Modell fliegt, hatte selbst auch schon „nur mal so leichte“ Abstürze, erzählt er und lacht dabei beherzt. „Eine Drohne ist kein Spielzeug“, mahnt Lothar Forkert. Vorerst sollte der ambitionierte Pilot wissen, dass er jeden Flug mit einer Drohne über fünf Kilogramm, beim bayerischen Luftfahrtamt anmelden muss. Nur Luftfahrzeuge unter fünf Kilogramm erhalten eine Aufstiegserlaubnis für zwei Jahre. Dies alles gilt allerdings nur für Flüge, die über den heimischen Garten hinausgehen und in Kontrollzonen internationaler Verkehrsflughäfen liegen.

Drohne vermisst Kiesgruben

Außerdem werden Aufstiegserlaubnisse nur für eine Person erteilt. So darf nur Thomas Killing fliegen, während David Inwald vorgibt, was zu tun ist. Der 21-jährige studiert Bauingenieurwesen und hat durch den Kopter ein gutes Thema für seine Bachelorarbeit gefunden. Er vermisst bestimme Areale „per Bild“. Im Fachjargon Photogrammetrie gennant. David lässt so Massen, Volumen und Erhöhungen zum Beispiel von Kiesgruben ausrechnen. Er legt die Arbeitsabläufe fest und Killing fliegt diese dann ab. So bringt das fliegende Forschungssystem beiden Spaß. Der Professor darf fliegen und der Student darf ihm endlich mal sagen, was er zu tun hat.

Von Christina Erhardt

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