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Hinter den Kulissen der Milchproduktion

Wenn es um Milch geht, suggerieren die Werbungen immer ein Bild von glücklichen Kühen auf grünen Wiesen. Ganz zu schweigen von dem vermeintlich gesundheitlichen Nutzen. Doch in der Realität sieht es ganz anders aus. 

Die Lebensmittelindustrie ist die größte auf der Welt. Ein wichtiger Bestandteil ist dabei die Milchproduktion. Allein auf dem europäischen Markt geht es um einen Wert von 100 Milliarden Euro pro Jahr und eine jährliche Produktion von 200 Millionen Tonnen Milch. Das entspricht ungefähr 5800 Milchtank-LKW’s, die jeweils 33 500 Liter Milch fassen. Seitdem 1,3 Milliarden Chinesen auf den Geschmack von Milch gekommen sind, boomt der Markt mehr denn je.

Zu sehen ist eine Kanne und ein Glas Milch. Quelle: Pixabay
Den Chinesen wurde eingebläut, dass die Milch sie groß und stark werden lässt. Quelle: Pixabay

Die Preise werden von den Molkereien gedrückt. Das bedeutet: Mehr Milch erzeugen, aber möglichst günstig und in hoher Qualität. Dabei bleiben die Bauern und die Kühe auf der Strecke. Eine Kuh muss jedes Jahr ein Kalb bringen, damit eine hohe Milchproduktion gewährleistet ist. „Trächtigkeit ist das Wichtigste“. Wenn das Tier die Leistung nicht mehr bringen kann, kommt es zum Schlachter.

Geboren um zu sterben

Die männlichen Kälber sind für die Industrie nur ein Abfallprodukt. Sie werden kurze Zeit nach der Geburt für 60 bis 80 Euro in einen Mastbetrieb verkauft, in dem sie einige Wochen leben. In anderen Fällen werden sie schlichtweg getötet, weil sich das Geschäft nicht lohnt. Um das in Zukunft zu vermeiden, soll die Zucht soweit optimiert werden, dass nur noch weibliche Kälber geboren werden. Die Kühe der Massenbetriebe werden extra für die Milchproduktion gezüchtet. Sie haben nicht mehr viel mit der gewöhnlichen Kuh gemein. 20 Jahre ist die Lebenserwartung einer normalen Kuh. Die Hochleistungskühe erreichen meist nur ein alter von fünf Jahren.

Zu sehen ist ein Kuheuter. Queklle: Pixabay
Mittlerweile gibt es sogar Embryonenkataloge auf dem Markt, damit die Zucht optimiert werden kann und die Kühe noch mehr Milch geben. Quelle: Pixabay

Rinder kommen eigentlich mit 100 Prozent Grünfutter aus. Da immer mehr Leistung von ihnen verlangt wird, benötigt es weiteres Zusatzfutter, das die Bauern einkaufen. Im heutigen Betrieb ist ein Drittel des Futters von der Weide und zwei Drittel Zukauf vom Acker. Meist ist das Soja aus Südamerika. Dafür werden riesige Flächen des Regenwaldes gerodet. „Den Hunger der Welt wird es weiter geben, wenn wir mit dem Soja und dem Mais Tiere statt Menschen ernähren.“ Dabei verwerten Kühe gerade mal ein Drittel der aus Soja und Getreide stammenden Energie. Kurz gesagt ist das eine „gigantische Verschwendung.“ Einige Biohöfe sind allerdings fast 100 Prozent autark, was ihre Futtermittel betrifft.

„Ach du Scheiße!”

Laut der Faustregel der Bauern entstehen auf einen Liter Milch drei Liter Gülle. Das sind bei einem Betrieb mit 700 Kühen und 20 – 24 000 Litern Milch 70 000 Liter Gülle pro Tag. Die Gülle wird in großen Mengen auf den Äckern und Feldern als “Dünger” verteilt. Durch den hohen Stickstoffgehalt wird der Boden und das Grundwasser zunehmend mit Nitrat verseucht. Durch das Grundwasser gelangt das Nitrat wiederum in den menschlichen Körper, wo es in das schädliche Nitrit umgewandelt wird. Dies verhindert die Sauerstoffzufuhr in das Blut und kann letztendlich zu Krebs führen.

Zu sehen ist ein Güllefass. Quelle: Pixabay
Nitrat wandelt sich im Boden auch in Lachgas um. Es entweicht in die Atmosphäre und ist extrem klimaschädlich. Quelle: Pixabay

Die Industrie will dem Konsumenten einbläuen, wie gesund Milch ist. Bis 2050 soll die Milchproduktion verdoppelt werden, um die Welt damit zu ernähren. Walter C. Willet, amerikanischer Arzt, Ernährungswissenschaftler und Epidemiologe steht der Milch kritisch gegenüber. Laut seiner Aussage haben die Länder mit dem höchsten Milchkonsum am meisten Knochenbrüche. Er nennt die Milch auch als Grund für die Krebszunahme, weil dadurch das Zellwachstum bei älteren Menschen gefördert wird. Das heißt nicht, dass gänzlich auf Milchprodukte verzichtet werden muss, allerdings wäre eine Tagesempfehlung hilfreich. Vom kompletten Verzicht bis zu zwei Portionen am Tag sei alles vertretbar.

Auswirkungen auf ausländische Produktionen

Die europäische Milchproduktion ist mitverantwortlich für das Preisdumping in der afrikanischen Wirtschaft. Die EU-Landwirtschaft wird im Gegensatz zu der Afrikanischen subventioniert. Das bedeutet, dass die afrikanischen Produkte teurer sind als das EU-Milchpulver. Die Bauern haben somit Probleme, ihre regionalen Produkte zu verkaufen. Grundsätzlich heißt es, dass kleinbäuerliche Strukturen ein Garant für flächendeckende globale Ernährung seien.

Zu sehen ist ein Glas mit Hafermilch und ein Glas mit Sojamilch. Fotograf: Christian Wilke
Es gibt viele leckere Alternativen. Hier zum Beispiel Hafer- und Sojamilch. Fotograf: Christian Wilke

Die Umweltbilanz ist von Biomilch grundsätzlich besser, weil die Tiere keine „Klimakiller“ sind, solange sie auf der Weide stehen. Neben der Milch gibt es viele weitere Ersatzprodukte. Darunter fallen zum Beispiel Soja-, Hafer-, Reis-, Mandel- und Kokosnussmilch. Diese sind unter anderem auch in verschiedenen Geschmacksrichtungen wie Schoko oder Vanille erhältlich. Soja-Reis-Milch lässt sich beispielsweise genauso gut für einen Latte Macchiato aufschäumen wie Kuhmilch. Der einzige Unterschied ist ein leicht getreidiger Geschmack. Preislich liegen die Milchalternativen mit einem bis zwei Euro etwas höher als gewöhnliche Milch.

Der Film „Das System Milch”

Alle Informationen zu dem Thema gibt es in dem Film „Das System Milch” vom Grimme-Preisträger Andreas Pichler unter nachfolgendem Link.

https://www.arte.tv/de/videos/062939-000-A/das-system-milch/

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