30. Januar 2017
Gin – ein Klassiker neu aufgelegt
Gin Tonic gilt als der Klassiker schlechthin unter den Longdrinks. Auch in Cocktails oder ganz puristisch ohne Beigabe anderer Dinge wird Gin klassisch pur getrunken.
Bei einem Blick auf die Getränkekarte der Bars stellt man schnell fest, dass es nicht nur viele verschiedene Beigetränke sondern vor allem eine riesige Vielfalt der Gins gibt. Von vielen verschiedenen Marken über zig Ausführungen des Alkoholgehalts, der Bouquets und Geschmäcker.
Vom Armenviertel in die Szenebars
Man könnte meinen Gin sei ein total neues Getränk, doch weit gefehlt. François de la Boe, in Hanau, in Deutschland geboren, entwickelte in Holland bereits um 1650 Magentropfen auf Basis von Agraralkohol und Wacholder mit dem Namen „Genever“. Daraus hat sich der heute allgemein gebräuchliche Begriff Gin gebildet. Jedoch wurde Gin nicht lange als reines Medikament genutzt sondern wurde schnell als Getränk in Hollands Nachtleben bekannt. Britische Militärs, die die niederländischen Kräfte beim Spanisch-Holländischen-Krieg unterstützten, nahmen das Gebräu mit in die Heimat und tauften „Genever“ einfach in Gin um. Im 18. Jahrhundert verbot die britische Regierung den Import von Spirituosen und erlaubte die nicht lizensierte Gin-Produktion. So kam es, dass sich eine Vielzahl von Destillerien entwickelte, die die Bierproduktion in ganz England um ein Vielfaches überstieg. Somit wurde Gin zum Getränk der Armen. Qualität und Geschmack der damaligen Gins ist nicht mit den heutigen Standars zu vergleichen. Allein London beherbergte weit mehr als 400 verschiedene Destillerien, die oftmals keine hochwertigen Ausgangsstoffe für ihre Produktion nutzten oder gar mit billigen Stoffen wie Terpentin streckten.
Botanicals – Pflanzen im Alkohol?
Wer sich intensiver mit der Materie Gin befasst stößt recht schnell auf den Begriff Botanicals. Frei aus dem Englischen übersetzt bedeutet dies Pflanzenpräparat. Dennoch ist die Erklärung wesentlich einfacher: Botanicals sind die Geschmacksgeber, die für den charakteristischen Geschmack verantwortlich sind. Allen voran ist hier auf jeden Fall der Namensgeber die Wacholderbeere zu nennen. Jeder Gin zeugt von mal mehr, mal weniger kräftigen Noten der Beere. Doch abgesehen davon ist der Fantasie der Gin-Manufakteure keinerlei Grenzen gesetzt. Beinahe jedes vorstellbare Gewürz kann zugesetzt werden. Von leichten Zitrusnoten, über kräftige Pfeffernuancen, bis hin zu edlen Safrananteilen ist das Geschmacksfeld weit gefächert. Viele Hersteller setzen auf vielerlei verschiedener Noten, so etwa Monkey 47 aus dem Schwarzwald, wobei, wie der Name schon ankündigt, 47 verschiedene Botanicals zum Einsatz kommen. Allerdings gibt es auch einige Hersteller die sich mit Einfachheit vom Rest ihrer Konkurrenten diversifizieren wollen, so etwa No.3 London Dry Gin, die lediglich aus drei verschiedenen Gewürzen und drei verschiedenen Fürchten ihrer Kreation Geschmack verleihen.Gerade das macht Gin zu solch einem vielfältigen Getränk, kaum eine andere Spirituose gibt es mit solch einer Bandbreite an Möglichkeiten dem Produkt die individuelle Geschmacksnuance zu verleihen.
Drei Verfahren – ein Produkt
Die Basis eines jeden Gins ist der Neutralalkohol, meist hergestellt aus Getreide. Er weist etwa 96-97% Alkoholgehalt auf und wird erst später durch die Zugabe von Wasser reduziert.Die Herstellung von Gin kann man in drei Methoden unterteilen. Je nachdem ist es mehr oder weniger aufwendig an das gewünschte Ergebnis zu kommen.
Die einfachste Methode ist die sogenannte Mazeration oder auch Kaltauszug. Hierbei werden die Botanicals zuallererst zerkleinert, sodass es zu einer besseren Aromafreisetzung kommt. Danach werden die Aromen dem Alkohol zugesetzt und mit einer Verweildauer von mehreren Tagen bis Wochen dort gelassen.
Die zweite Möglichkeit ist der Heißauszug oder auch Digestion. Hierbei werden vor der abschließenden Filterung zerkleinerte Aromastoffe bei konstanten 70° Celsius erhitzt, sodass sich die Geschmacksträger ,wie etwa ätherische Öle freisetzen können und somit dem Alkohol ihren individuellen Geschmack geben können.
Das letzte und zeitgleich aufwendigste Verfahren ist die Perkulation oder vereinfacht Mehrfacharomatisierung. Hierbei kommt es zu keinem direkten Kontakt zwischen den Botanicals und dem Alkohol. Die Aromen sitzen in einem Gin-Kopf, einer kugelförmigen Vorrichtung, oder in sogenannten Geistkörben, welche einem Siebeinsatz gleichen. Durch die Destillation steigt der Alkoholdampf in der Brennblase nach oben, an den jeweiligen Vorrichtungen vorbei und wird durch die dortigen Pflanzen- oder Gewürzkomponenten aromatisiert. Die hierbei entstehenden Gins zeugen von einem milderen Geschmack und sind in ihrer Gesamtheit weitaus weniger aromatisiert.
Der Befootec-Gin
Gin lässt sich auch zuhause mit recht einfachen Mitteln herstellen, mittels der Mazeration. Ausgangsprodukt hierfür, wie sollte es anders sein: Alkohol. Hierfür eignen sich Alkoholika mit recht wenig bis dezentem Eigengeschmack wie etwa Wodka. Hierbei ist darauf zu achten, dass es sich um ein hochwertiges Produkt handelt, um einer gewissen „Schärfe“ des Alkohols vorzubeugen. Anschließend kommt die wichtigste Zutat hinzu: die Wacholderbeere. Diese verweilt nun etwa 24 Stunden im Alkohol um ihre kräftigen Noten abzugeben und sozusagen die Basis zu schaffen. Nach Ablauf der Zeit werden die Beeren herausgefiltert und die anderen Botanicals werden für weitere 12 Stunden zugesetzt. Abschließend werden diese durch ein feines Sieb oder Passiertuch abgeseiht und der hausgemachte Gin kann abgefüllt werden.
Für die Basis wurden etwa 350 Milliliter Wodka und rund ein Esslöffel leicht angestoßener Wacholderbeeren verwendet. Nach der ersten Phase wurde ein Mix aus Orangenzeste, Piment, Lavendelblüten, Koriander und Pfefferkörner zugesetzt, um dem Gin die ganz individuelle „Befootec“-Note zu verleihen.
Der Gin besitzt im Gegensatz zu seinen professionell hergestellten Verwandten, eine eher goldene Farbe. Dies kommt daher, dass der Gin nicht mehrfach gefiltert wurde und somit die Farbstoffe der Zusätze angenommen hat.Das Tasting des „Befootec“-Gins war durchaus positiv. Leichte Orangennoten mit würzigen Komponenten von Piment und Koriander werden durch eine pfeffrige Schärfe und den blumigen Abgang der Lavendelblüten getragen. Insgesamt ist der Gin eher mild und hat keine zu aufdringlichen Geschmacksnoten.
Es ist also gar nicht schwer den eigenen Gin zu produzieren, vorausgesetzt ist ein wenig Kreativität hinsichtlich der Zusätze.
oDie goldene Farbe des Gins stammt von den Botanicals.
Rezeptur:
- 700 ml Wodka (gute Qualität)
- 2 EL angestoßenen Wacholderbeeren
- getrocknete Zeste einer halben Orange
- 1 TL Koriandersamen
- 1 TL Piment
- 10 Pfefferkörner
- 0,5 TL Lavendelblüten
Des weiteren wird ein sauberes Einmachglas für den Ansatz und ein Feinsieb oder Passiertuch benötigt.
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