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Retortenfleisch aus dem Labor – Genuß à la Frankenstein

Als platzsparende Variante der Fleischzucht und Mittel im Kampf gegen die Nahrungsmittelknappheit werden ständig neue Forschungen angestellt. So auch das Retortenfleisch, also im Labor gezüchtetes Fleisch, welches sich zu einer kostengünstigen Variante für den Fleischgenuß entwickelt. 

Vor ein paar Jahren hat ein einzelner Burger aus der Petrischale noch rund 330.000 Dollar gekostet und soll künftig durch Massenproduktion auf einen Preis von rund 11 Dollar pro Pattie fallen. Josh Tetrick, Gründer des Multimillionen Start-Ups Just, das im Dezember erstmals ein veganes Fake-Rührei auf den Markt gebracht hat, prophezeiht schon für 2018 erste Restaurants die dieses in-Vitro-Fleisch ins Sortiment aufnehmen.

Kunstfleisch für die Raumfahrt

Im Rahmen eines von der NASA finanzierten Forschungsauftrags an der University of South Carolina entwickelten Wissenschaftler das sogenannte Retortenfleisch.  Ziel der Forschung waren neue Proteinquellen, welche Astronauten auf Langzeitflügen mit ausreichend Eiweiß versorgen. Dies war vor rund 17 Jahren und inzwischen setzt die NASA auf proteinreiche Pflanzen für die Weltraumreisenden. Die Peta hatte weitere Forschungen finanziert, nachdem sich die NASA abgewandt hatte. Da die Forschungsarbeit in diesem Sektor auch weiterhin regelmäßig Millionenfinanzierungen erhält, ist die Entwicklung der gefakten tierischen Lebensmittel auch über die Jahre weiterhin vorangetrieben worden.

Das Retortenfleisch sollte ursprünglich als Astronautennahrung dienen. (Bildquelle: Pixabay)
Das Retortenfleisch sollte ursprünglich als Astronautennahrung dienen. (Bildquelle: Pixabay)

Vladimir Mironov, Bio-Ingenieur an der University of South Carolina forschte auf dem Gebiet der Fleischzucht und war auch 2011 schon überzeugt, dass auch in Zukunft immer mehr Menschen Interesse an dem Kunstfleisch haben werden. Egal ob Besiedlung des Weltraums oder Ressourcenknappheit durch Überbevölkerung, Mironov sah großes Potential im In-Vitro-Fleisch. Einen weiteren praktikablen Grund für die künstliche Fleischzucht sah der Forscher in sich immer weiter vergrößernden Städten: „In Großstädten wie Singapur oder New York ist längst kein Platz mehr für Tierzucht.“ Das Retortenfleisch soll auch hierfür eine Lösung sein.

Fleisch durch Zellteilung

Für die Herstellung werden embryonische Muskelzellen aus einem Tier entnommen. Diese sogenannten Myoblasten werden in Rinderserum gebadet und anschließend in Bioreaktoren zu Muskelgewebe herangezüchtet. Das entnommene Gewebe bildet in der Nährlösung neue Muskelfasern aus und wächst so stetig weiter. Bis zu 20 000 Muskelfasern sind für einen Burger von Nöten.

Das Retortenfleisch hat viel mit Genforschung zu tun. (Bildquelle: Pixabay)
Das Retortenfleisch hat viel mit Genforschung zu tun. (Bildquelle: Pixabay)

Das Retortenfleisch ist also fettarmes und dabei proteinreiches Muskelfleisch. Diese Methode ist mit sämtlichen Tieren wie Schweinen, Rindern, Schafen oder Hühnern möglich. Da Fett als Geschmacksträger dient soll sich der Geschmack durch die Zugabe von gezüchteten Fettgewebe verbessern.

Rind oder Reagenzglas?

Inwiefern sich die Endverbraucher begeistert von dem künstlichen Fleisch zeigen werden bleibt fraglich. Für die meisten Menschen dürften die Lebensmittel aus der Petrischale wohl weniger attraktiv sein. Einige Köche sind auch eher der Meinung, dass Kunstfleisch wohl erst Anklang finden wird, wenn die Verbraucher damit aufgewachsen sind. Wenn der Käufer vor dem Supermarktregal steht und noch die Wahl hat, ob er natürlich gewachsenes Fleisch von Rind und Co oder das aus dem Reagenzglas nehmen soll, wird wohl für die nächsten Jahre die Entscheidung klar zugunsten des natürlichen Fleisches gehen.

Ist Burgerfleisch zukünftig aus dem Reagenzglas? (Bildquelle: Pixabay)
Ist Burgerfleisch zukünftig aus dem Reagenzglas? (Bildquelle: Pixabay)

Doch das künstliche Fleisch wird stetig weiterentwickelt, was es geschmacklich schon sehr nah an seinen “echten” Konterpart herankommen lässt. Durch stetige Weiterentwicklung ist der Unterschied im Bezug auf Optik und Geschmack wohl zukünftig kaum noch auszumachen.

Gemessen an der großen Anzahl an Investoren scheint das Retortenfleisch von hohem Interesse zu sein. Bis 2021 wollen auch weitere Unternehmen, die sich auf das Fleisch aus dem Labor spezialisiert haben, an den Markt gehen. Bis dahin wird sich zeigen, ob der künstliche Fleischersatz trotz der Negativeinstellung gegenüber im Labor gezüchteter Lebensmittel für den breiten Markt von Relevanz  sein wird.

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