Fotograf: Felix Zeiss.
12. September 2017
Anthocyane – mit Beeren aus der Energiekrise
Immer wieder sind die Medien mit News über die Energiekrise gespickt. Umweltverschmutzung, Abholzung oder das Schwinden von fossilen Brennstoffen sind immer wieder Thema und regen die Wissenschaft an weitere erneuerbare Energiequellen zu finden.
Doch gerade für ärmere Nationen ist es wichtig, dass diese Energiequellen nicht nur effizient, sondern vor allem auch günstig sind und somit der breiten Masse zur Verfügung stehen können. Genau dies könnte der Jambulbaum in Indien beziehungsweise ein Stoff in dessen Beeren ermöglichen – Anthocyane.
Anthocyane als natürlicher Treibstoff
Jede größere Pflanze enthält entweder in den Blüten oder den Beeren sogenannte Anthocyane. Hierbei handelt es sich um wasserlösliche Farbstoffe, welche für die blaue, violette oder auch rote Färbung des jeweiligen Pflanzenteils verantwortlich sind. Der Jambulbaum, genauer gesagt die Beeren des Baumes, beinhalten einen hohen Prozentsatz an Anthocyanen. Dieser Farbstoff dient als Basis für eine an sich gar nicht so neue Technologie. Mit den Anthocyanen können sogenannte Grätzelzellen gebaut werden. Diese besondere Form der Solarzelle erzeugt mit Hilfe von Farbstoffen wie Chlorophyll oder eben auch den Anthocyanen eine künstliche Photosynthese. Hierdurch besteht die Möglichkeit, wie mit den herkömmlichen Silizium-Solarzellen, Strom zu erzeugen.
Dekorglas zur Energieerzeugung
Der Hauptunterschied zu den normalen Solarzellen besteht in der Gewinnung des Ausgangsmaterials. Bei der Herstellung sollen die Silizium-Kristalle möglichst rein für die Produktion der altbekannten Fotovoltaik-Zellen sein. Im Gegensatz dazu stehen bei den Grätzelzellen die Farbstoffmoleküle im Vordergrund.
Diese Farbstoffzellen haben gegenüber den altbekannten Solarzellen diverse Vorteile. Sie können nicht nur bei schwachem Licht besser arbeiten, sondern sind ebenso um einiges günstiger in der Herstellung. Dies macht sie auch für Entwicklungsnationen wesentlich erschwinglicher. Durch das Aussehen, welches dem von Dekorglas sehr ähnelt, besitzen diese Zellen viel mehr Gestaltungsmöglichkeiten, so Andreas Hinsch, Doktor am Freiburger Fraunhofer-Institut für Solarenergiesysteme.
Entwicklung noch nicht abgeschlossen
Obwohl Grätzel auf seine Zelle bereits 1992, also vor 25 Jahren, ein Patent anmeldete, haben Versuche gezeigt, dass die Technologie noch in ihren Kinderschuhen steckt. Der Wirkungsgrad von Silizium-Zellen ist mit rund 26 Prozent rund doppelt so hoch, wie der einer Farbstoffzelle. Dies ist wohl auch der Hauptgrund, weshalb sich die Zellen trotz ihrer kostengünstigen Herstellung und Erneuerbarkeit noch nicht weltweit durchgesetzt hat. Es besteht noch viel Forschungsbedarf um die Zellen zu optimieren und das volle Potenzial auszuschöpfen und somit ein konkurrenzfähiges Endprodukt am Markt zu etablieren. Hauptaufgabe hierbei ist es das Anthocyan von den sonstigen Bestandteilen zu trennen und dessen Wirkungsgrad zu steigern.
Dieser Forschungsansatz bietet gerade für die ärmeren Nationen eine hervorragende Möglichkeit sich von fossilen Brennstoffen unabhängig zu machen. War es doch häufig eine Kostenfrage auf Solarenergie umzusteigen, könnte mit den „Beerenzellen“ auch den Entwicklungsländern erstmals kostengünstiger Solarenergie zur Verfügung gestellt werden. Dies bedarf jedoch noch weiteren Entwicklungen um sich als lukrativ und eigenständig zu erweisen. Die Wissenschaft ist jedoch bemüht dies zeitnah umzusetzen.
Diese Methodik ist natürlich nicht nur in Indien mit Hilfe des Jambulbaums denkbar, sondern weltweit. Je nach örtlicher Gegebenheit muss nur die geeignete Pflanze beziehungsweise Frucht gefunden werden, welche ähnlich wie die Jambulbeere genug isolierbares Anthocyan bereitstellt um die Zellen zu bauen. Dies könnten zum Beispiel in den hiesigen Gefilden Brombeeren oder Johannisbeeren sein.