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Der Acker und 5G – Datenschutz in der digitalen Landwirtschaft

Die Digitalisierung ist auch in der Landwirtschaft immer mehr zu spüren. Automatisierte Abläufe erleichtern den Alltag eines Landwirts. Doch die digitalen Hilfen haben einen Preis – die Daten. Datensouveränität ist durch die hohen Datenmengen wichtiger als je zuvor. Doch bleibt dem Landwirt auch die Datenhoheit?

Ein Beitrag von Elisabeth Seiler

Die Landwirte stehen der Digitalisierung offen entgegen. Laut einer Bitkom-Umfrage vom April 2020 sind die meisten Betriebe der Digitalisierung positiv gegenüber eingestellt. 81 Prozent der Befragten nutzen bereits Smart-Farming-Technologien, sogar jeder Zehnte hat Drohnen im Einsatz. Dennoch gibt es für sie immer noch einige Sorgen. „In der Landwirtschaft ist es so, dass es zwar viele Anbieter mit verschiedenen Lösungen gibt, aber das nicht zusammen läuft“, so Tassilo Schweizer, Mitarbeiter des Agrar Start-Ups Agranimo, „die Landwirtschaft ist da eigentlich der restlichen Wirtschaft 10 Jahre hinterher“.

Drohne in der Landwirtschaft.
Drohne in der Landwirtschaft. Foto: Pexels.

Mit Technik zur Nachhaltigkeit

Laut dieser Bitkom-Umfrage nutzt mehr als jeder Vierte (28 Prozent) Sensortechnik, etwa zur individuellen Überwachung oder zur Messung von Klima-, Boden- und Pflanzendaten. Durch eine smarte Bewässerung von Plantagen ist nicht nur nachzuvollziehen, wie die Feuchtigkeitswerte des Bodens sind. Gleichzeitig wird damit der Wasserverbrauch optimiert und damit minimiert. “Das Wasser, was noch weiter in den feuchten Boden reinläuft, läuft durch die Bodenschichten langsam durch oder versickert ins Grundwasser. Das wäre zum Beispiel einfach eine Wasserverschwendung“, bestätigt Tassilo Schweizer des Start-Ups Agranimo.

Agranimo hat Sensoren zur Messung der Bodenfeuchtigkeit entwickelt. Diese sammeln in Echtzeit Daten, welche auf einer Plattform in Form von Analysen und Prognosen für den Landwirt wiedergegeben werden. Durch diese Daten kann nicht nur die Bewässerung optimiert, sondern auch der Ertrag im Zusammenhang analysiert werden. „Der Markt wächst gigantisch und soll sich verdoppeln in den nächsten 5 Jahren, weil einfach immer weniger Wasser zur Verfügung ist”, so Schweizer.

Wetterstation mit Bodensonde von Agranimo auf einem Erdbeerfeld.
Wetterstation mit Bodensonde von Agranimo auf einem Erdbeerfeld. Foto: Tassilo Schweizer.

Datenhoheit in der Landwirtschaft

Viele Landwirte haben große Sorgen um die Verlässlichkeit der Technik. Hier müssen zudem viele Grundvoraussetzungen, wie eine stabile Internetverbindung, gegeben sein. In vielen dörflichen Regionen fehlt es an durchgängiger und leistungsstarker Datenübertragung, gar keiner 5G-Verbindung. Neben hohen Investitionskosten hemmt die Sicherheit der Daten oft. „Viele haben Angst, dass irgendwas geklaut wird. Aber ich glaube, mindestens die Hälfte versteht gar nicht, worum es geht“, so Schweizer. Neben der eigenen regelmäßigen Datensicherung sollte die Datensicherheit auch entsprechenden Gesetzten unterliegen, sodass die Datenhoheit stets beim Landwirt liegt. 

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), bei der der Schutz personenbezogener Daten im Vordergrund steht, hat einen ersten Stein ins Rollen gebracht. „Bei der Landwirtschaft fallen schrecklich viele Daten an. Diese könnten aber auch für viele weitere Aktivitäten genutzt werden, wofür sie ursprünglich gar nicht erfasst wurden”, erklärt Bernd Rauch, Co-Projektleiter im Fraunhofer Leitprojekt „Cognitive Agriculture“. Im Bereich Smart Farming forschen dort acht Fraunhofer-Institute gemeinsam, um Landwirten hohe Produktivität zusammen mit Nachhaltigkeit, Ressourceneffizienz oder Produktqualität zu ermöglichen.

Datenanalyse in der Landwirtschaft.
Datenanalyse in der Landwirtschaft. Foto: Pexels.

“Die Aufgabe des digitalen Ökosystems ist es, Daten, die zum Beispiel bei dem Entfernen von Unkräutern anfallen, auch für Vorhersagen an einer anderen Stelle zu verwenden“, so Rauch. Dem entgegen steht der Wunsch der Landwirte und Landwirtinnen, die Kontrolle über diese Daten zu behalten. Laut einer Studie des Fraunhofer IESE zu der Datensouveränität in der Landwirtschaft ist eine Mehrheit für bundesweite oder EU-Weite Harmonisierung durch den Gesetzgeber.

„Es gibt kein Dateneigentum in Deutschland, das ist im BGB begründet. Die DSVGO zielt eher auf Privatpersonen und natürliche Personen ab. Jetzt ist die Frage, wenn ich erfasse, was am Acker wächst oder an Pflanzengiften ausgebracht wird, sind das jetzt personenbezogene Daten oder nicht?”

Bernd Rauch, Co-Projektleiter im Fraunhofer Leitprojekt „Cognitive Agriculture“.

Investitionskosten als Hemmschwelle

Kleinere Betriebe haben oft eine Art Wettbewerbsnachteil, da sie sich zwar digitale Investitionen leisten könnten, sich dies oft wirtschaftlich nicht direkt lohnt. Für Großbetriebe hingegen sind automatisierte Vorgänge sehr wirtschaftlich. Dies führt auch dazu, dass immer mehr kleine Betriebe verschwinden, da sie mit der Konkurrenz nicht mithalten können. „Die Investitionszeiträume sind halt so, dass der Landwirt für 20-30 Jahre zum Beispiel eine Pflanzenschutzspritze kauft und sich auch nicht drei Jahre später eine Neue kauft, weil er die erstmal 30 Jahre abbezahlen muss“, so Schweizer. Aus Sorgen um Investitionskosten werden damit schnell auch Existenzängste hervorgerufen. Das hat auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) erkannt und möchte daher mit einem Zukunftsprogramm die Hindernisse für kleine bis mittlere Betriebe abbauen. Für Landmaschinen ist zudem für kleinere Betriebe der Einstieg über Maschinenringe und Lohnunternehmen in neue Technologien möglich, ohne komplett selbst zu investieren.

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