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Klimawandel im Nürnberger Reichswald

Wald ist essentiell für Klima, Naturschutz und Naherholung. Zudem ist er Lebensraum geschützter und seltener Tierarten. Ein Spaziergang im Reichswald ist für viele Nürnberger*innen eine Möglichkeit zur Erholung und um aus der lauten Stadt herauszukommen. Der Forst um Nürnberg hat viele wichtige Funktionen für die Stadt. Den Nürnberger Reichswald gibt es schon seit vielen Jahrhunderten, er hat vielen Krisen standgehalten, doch die derzeit wohl größte Krise des Planeten, der Klimawandel, macht dem Wald zu schaffen.

Ein Beitrag von Marie Spies, Lena Stief, Katharina Stöger und Elisabeth Seiler

Der Reichswald

Der Nürnberger Reichswald erstreckt sich auf einer Fläche von circa 240 Quadratkilometern von Erlangen, über den Nürnberger Westen, bis nach Roth und Altenberg. Er ist der älteste Planwald der Welt und existiert vermutlich schon seit 8.000 bis 16.000 Jahren. Im Forst gibt es viele verschiedene Baum-, Pflanzen- und Tierarten. Die Biodiversität ist sehr hoch. So gibt es beispielsweise Füchse, Rotwild und Schwarzwild und sehr viele Vogelarten. Der Tierbestand ist so hoch, dass dieser zum Schutz des Waldes durch Jagd eingedämmt werden muss. 

“Steckerles-Wald”

Die Nürnberger*innen nennen ihren Reichswald auch liebevoll „Steckerles-Wald“. Das Wort „Steckerles“ ist fränkische Mundart und beschreibt etwas Stock-artiges. Damit sind die geraden, hohen und dünnen Fichten gemeint, die in der Waldplanung vor einigen Jahrhunderten sehr geordnet angepflanzt wurden. Mittlerweile wird der Forst immer weniger „Steckerles-Wald“, da er mittlerweile zum Mischwald umgeplant wurde und deswegen viel diverser ist.

Die Geschichte des Reichswald

Die ersten Bäume im Gebiet des heutigen Reichswaldes siedelten sich nach der ersten Eiszeit vor circa 16.000 Jahren an. Bis daraus ein dichter Wald entstand, vergingen weitere 9.000 Jahre.

Mischung des Reichswaldes über die Jahre.
Der Mischung des Reichswald über die Jahre. Bild: Elisabeth Seiler.

Im Mittelalter war Nürnberg eine sehr große Stadt mit viel Handwerk, deshalb war der Verbrauch von Holz zum Bauen oder Heizen der Stadt sehr hoch. So wurde der Reichswald übernutzt, der Baumbestand schrumpfte.

Im Jahre 1368 entwickelte der Patrizier Peter Stromer eine Technik, mit der Kiefern künstlich angesät werden konnten. So wurde der Waldbau in ganz Europa revolutioniert. Der Nürnberger Reichswald war der erste künstlich aufgeforstete Wald der Welt.

Trotz der neuen Technik der Aufforstung ging es dem Wald in den nächsten Jahrhunderten nicht besser. Zum einen gab es weiterhin viel Übernutzung, sodass Anfang des 19. Jahrhunderts nur noch circa die Hälfte des Baumbestandes vorhanden ist. Zum anderen wird der Forst nur mit schnell wachsenden Fichten und Kiefern aufgebessert. Dadurch bilden sich unnatürliche Monokulturen, die weitere Verluste bringen.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kommt eine weitere Gefahr für den Wald hinzu: Schädlinge. Der Wald wird von Spinnern, Spannern und der Kieferneule befallen, bis 1894 sind circa ein Drittel des Baumbestandes von Insekten befallen. Das ergibt einen Verlust von circa 5.000 Hektar Waldfläche.

Während des Zweiten Weltkrieges muss viel Waldfläche für militärische Einrichtungen und die neue Autobahn weichen. Für den Wiederaufbau nach dem Krieg wird ebenfalls viel Holz aus dem Reichsforst verwendet, so wird der Wald abermals übernutzt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte sich der Wald leicht erholen. Mithilfe von neuen Anbauverfahren wurden auch heimische Laubbäume gesät. Um den trotzdem noch starken Flächenverlust zu verhindern, wurde im Jahr 1980 ein Großteil des Forstes zum Bannwald erklärt. Das macht den Nürnberger Reichswald zum ersten Bannwald in Bayern.

Klimawandel in bayrischen Wäldern

Die Welt wird immer wärmer, die Durchschnittstemperatur steigt stetig an. Der Klimawandel macht auch vor den Wäldern in Deutschland keinen Halt. Die hohen Temperaturen sorgen für eine Trockenheit. Viele Bäume und Pflanzen verdursten und der Boden wird unfruchtbarer. Der Grundwasserspiegel sinkt, sodass die Wurzeln vertrocknen. Die Blätter verdorren. Außerdem fühlen sich Schädlinge wie der Borkenkäfer in den hohen Temperaturen besonders wohl und breiten sich schneller aus.

Darstellung eines abgestorbenen Baums.
Abgestorbener Baum. Bild: Pixabay.

Klimawandel und Trockenheit setzen auch den Nürnberger Wäldern zu. Die Stadt und der Forstbetrieb Nürnberg der Bayerischen Staatsforsten haben deshalb im Jahr 2020 eine gemeinsame Baum- und Waldstrategie vereinbart. Anlass waren die Dürresommer 2018 und 2019 sowie teils verheerende Stürme, die den Wäldern stark zugesetzt hatten. Ziel ist es, die heimischen Wälder schneller und noch entschlossener umzubauen, damit diese dem Klimawandel Stand halten.

In 2020 und 2021 hat die Stadt Nürnberg deshalb 43.585 Quadratmeter Wald eingekauft und ausverhandelt, der Forstbetrieb Nürnberg der Bayerischen Staatsforsten hat 16.110 Bäume gepflanzt und auf 91,1 Hektar ihrer Flächen Forstkulturen angelegt.  Auch der Tiergarten realisierte in jedem der beiden Jahre ein Waldumbauprojekt mit neuen Baumarten.

Warum ist der Reichswald so wichtig für die Nürnberger*innen?

Der Reichswald ist nicht nur ein Erholungsgebiet für die Nürberger*innen, er hat auch viele wichtige Wald-Funktionen. So ist er beispielsweise wie eine Art Klimaanlage für die Stadt. Das Wald eigene Klima kühlt die Luft herunter und die kühle Luft wird vom Wind in die Stadt getragen. So sorgt der Wald selbst für einen etwas milderen Sommer in Nürnberg.

Außerdem reinigen die Bäume die Luft, der Wald ist also auch eine Art Lunge für Nürnberg. Ohne den Wald wäre die Atemluft in der Stadt bei weitem nicht so rein wie gerade und viel belasteter mit Feinstaub und anderen Giftstoffen.

Der Wald der Zukunft

Diagramm zum aktuellen Baumbestand.
Aktueller Baumbestand im Reichswald (Stand 2022). Bild: Elisabeth Seiler.

Die Monokultur wird zum Mischwald: Um den Fortbestand des Forstes zu sichern und um sich vor den Folgen des Klimawandels zu schützen, wird die Diversität der Bäume ausgebaut. So sollen bis in 100 Jahren knapp die Hälfte der Bäume im Reichswald Laubbäume sein. Außerdem probieren die Zuständigen im Wald viel mit neuen, robusteren Baumarten aus. Beispielsweise ist die eigentlich nicht heimische Esskastanie sehr klimaresistent, derzeit wird getestet, ob der Baum für den Reichswald geeignet ist. Der Klimawandel wird auch für eine steigende Wasserknappheit sorgen. Deshalb ist es wichtig, auf Baumarten zu bauen, die weniger Wasserbedarf und ein robusteres und tiefergehendes Wurzelwerk haben.

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