19. Januar 2019
Das beste Fass für das beste Bier
Immer wieder führt die Frage zu teils heftigen Diskussionen. Ob auf Fachmessen, klassisch am Stammtisch, oder ganz modern in den sozialen Netzwerken. Große Mengen gehören ins Fass, da sind sich alle einig. Doch welche Verpackung ist für den Export des Bieres die Beste? Metall oder Plastik, Mehrweg oder Einweg, doch ein Kompromiss?
16,5 Millionen Hektoliter exportieren die deutschen Brauereien jährlich. Tendenz: weiter steigend. Während der heimische Markt stagniert, sind auf dem Exportmarkt Steigerungen möglich. Vor allen die Länder außerhalb der EU sind Wachstumsmärkte. In China und den USA beispielweise gewinnen Biere – gebraut nach deutschem Reinheitsgebot – immer mehr an Beliebtheit.
Edelstahl ist der Dauerläufer
Für den Export gehört das Bier logischerweise in ein Fass. So weit, so gut. Doch ist Fass auch gleich Fass? Das Fass, oder auch Keg genannt, besteht aus einer Edelstahlblase im Inneren und ist ummantelt mit Polyurethan (kurz: PU). So war es zumindest ab den Achtzigern, die geschwefelten Holzfässer hatten aus Gründen der menschlichen Gesundheit ausgedient. Im nächsten Entwicklungszyklus verschwand häufig die Ummantelung aus Polyurethan, und die Fässer bestehen vollständig aus Edelstahl. Ganz verschwunden ist der PU-Mantel dann doch wieder nicht. Vor allem für Softdrinks bestehen die Kegs weiter aus einer Edelstahlblase und nur Kopf- und Fußteil sind aus Polyurethan gefertigt.
Doch eines haben all die verschiedenen „klassischen“ Fässer gemein: das enthaltene Produkt wird von einer Edelstahlblase umfasst. Dieses System ist bewährt. „Die Fässer sollen lange halten und auch einiges abhaben können“, erläutert Michael Wehler. Er arbeitet bei einem der größten Fasshersteller, den Schäfer Werken. Als wichtige Kriterien beschreibt er die „Wertigkeit und Beständigkeit“ der Fässer. Klassische Edelstahlfässer halten viele Jahrzehnte. So lange diese Kegs schon existieren, so lange werden auch in den Abfüllanlagen einer Brauerei alle Prozesse daran angepasst. In diesen Prozessen lassen sich aber auch die Alternativen einfach verwenden und die Anschlüsse sind von der Brauerei frei wählbar.
Das wirft zwangsläufig die Frage auf, ob es auch das beste System ist, nur weil es alt bewährt ist. Denn am Edelstahlfass regt sich Kritik. Das Metallfass hält auch nur lange, solange es im ruppigen Brauereialltag nicht zu Stößen oder ähnlichem kommt. Außerdem müssen die Kegs nach jeder Anwendung, sprich wenn sie geleert in die Brauerei zurückkommen, restentleert und gereinigt werden. Eine Reinigung mittels Chemie widerspricht natürlich dem Nachhaltigkeitsgedanken eines lang haltenden Fasses. Nach der Reinigung muss das Fass noch auf Schäden oder weitere Verunreinigung geprüft werden, bevor es wieder in die Abfüllkette eingespeist werden kann. Das ist aufwendig und beansprucht Platz, von dem gerade kleine Brauereien nicht allzu viel übrighaben.
Ohne internationale Zusammenarbeit geht es nicht
Genau in diese Kritikpunkte sticht nun die Technik, Kegs aus Plastik herzustellen. Auch nicht besonders nachhaltig, sollte man zumindest gleich meinen. Denn während die Politik den Einzelhandel dazu bewegt mehr und mehr auf Plastikalternativen zu setzen, kann die Getränkeindustrie nicht einfach ihre Erzeugnisse in Plastikfässer abfüllen. Ganz so einfach ist die Rechnung aber doch nicht. Die Schäfer Werke stellen keine Plastikfässer her. Dennoch sagt Wehler über die Konkurrenz: „Man muss die Zwecke sehen“. Doch was ist der Zweck? Gerade im Export in Länder wie die USA oder nach Asien werden natürlich enorm viele Emissionen ausgestoßen. Egal auf welchem Transportweg.
Ein Fass mit PU-Mantel beispielweise wiegt in der 50-Liter-Version über zwölf Kilo, ein reines Edelstahlfass auch immerhin noch über neun Kilo. Das sorgt für verschwendetes Volumen bei den PU-Kegs und bei beiden Varianten für zusätzliches Gewicht. Das führt zu erhöhten Transport-Emissionen. Zusätzlich müssen die Fässer nach der Leerung zurück in ihre Ausgangsbrauerei. Diesen Weg machen die Fässer ohne Inhalt und sorgen so unnötigerweise für weitere Schadstoffe. Ein Problem, welches auch die Fasshersteller erkannt haben und sich laut Wehler nur durch eine „globale Zusammenarbeit“ lösen lässt. Die Export-Verbände müssten also eine Lösung finden. Aktuell dürfen die Fässer nur in ihrer Ausgangsbrauerei wiederverwendet werden. Eine Möglichkeit wäre eine Export-Export-Lösung, bei der die Fässer im Exportland weitergenutzt werden, um Bier von dort zurück nach Deutschland zu importieren. Gegen dieses System sprechen allerdings angepasste Abläufe in den Brauereien und die aktuell geltenden Regularien.
Plastik als echte Alternative
Die Alternative heißt also Plastikfass. Aber ist sie eine echte Alternative? Die Vorteile liegen auf der Hand: ein Gewicht von weniger als zwei Kilo, ein Rücktransport aus den Exportländern entfällt komplett, ebenso eine chemische Reinigung, Arbeitskraft und Räumlichkeiten zur Überprüfung des Fasses und zusätzlich wird bereits beim Export Gewicht gespart. Zudem wird für die Produktion des Fasses weniger Energie verwendet als bei einem Edelstahlfass. Auf dasselbe Volumen bringt die Alternative aus Plastik aufgrund ihrer dünnhäutigen Bauform außerdem mehr Flüssigkeit unter und kann so in einem Container deutlich mehr Bier transportieren.
Paul Box, vom One-Way-Keg-Produzenten Dolium, erklärt zudem, dass ihre Produkte zu hundert Prozent recyclebar sind. „Die Griffe und der Fuß bestehen aus HD-PE und müssen einfach vom Körper aus PET getrennt werden. Die PET-Blase wird nach der Benutzung einfach platt getreten und die beiden Komponenten getrennt voneinander dem Recyclingprozess zugeführt“, erklärt der Plastikfass-Hersteller. Kritik am PET-Produkt versteht Box nicht, denn immerhin werden die Getränke im Supermarkt auch in 0,5-Liter-Flaschen aus demselben Plastik vertrieben. Ein Pfandsystem, wie in Deutschland, gibt es in den benachbarten EU-Ländern auch nicht. „Wieso sollten wir also nicht auch größere Behälter aus diesem recyclebaren Kunststoff fertigen?“ stellt der Dolium-Mitarbeiter in den Raum. Er verweist dabei auf die Verantwortung, die letztendlich jeder Verbraucher innehat, die Kunststoffe dem Recyclingprozess zuzuführen.
Ein weiterer Keg-Produzent setzt wiederum auf auswechselbare Getränkebeutel innerhalb des Fasses. Die Außenhülle wird beim sogenannten Keykeg wiederverwendet und nur die Innenhülle nach der Benutzung getauscht. Ein weiterer Vorteil dieser Variante ist laut des Herstellers außerdem, dass kein direkter Druck auf das Getränk ausgeübt wird, indem nur der Bereich zwischen der Außenhülle und dem Beutel unter Druck gesetzt wird. Eine restlose Leerung des Fasses erfolgt recht simpel über diesen Überdruck.
Nicht das Ende der Diskussionen
Die Entscheidung, welches Fass nun das Beste ist, können nur die Bier-Erzeuger für sich selbst treffen. Abhängig von der eigenen Einschätzung des ökologischen Fußabdrucks, über die Wichtigkeit dieses Einflusses, bis hin zu einer Platz- und Kosten-Nutzen-Frage. Alle Argumente, egal ob für oder wider, haben auf die individuellen Zustände in der eigenen Brauerei unterschiedliche Einflüsse. Ein Vergleichskriterium, welches schlussendlich gerne zur Hand genommen wird, ist bei der Edelstahl-Plastik-Diskussion schwer in die Überlegungen einzubinden: der Preis. Denn ein Edelstahlfass ist in der Anschaffung zwar deutlich teurer, soll sich aber über die Nutzdauer rechnen. Die Diskussion welches Fass nun die beste Lösung ist, wird also noch weiter andauern. Das ist auch gut so, denn nur angeregte Diskussionen können zu einem Fortschritt führen.