Wo Fair-Trade draufsteht, ist nicht unbedingt Fair-Trade drin. (Foto: Matthias Müller)
29. September 2017
Fair-Trade: Nicht alles ist Gold, was glänzt
Der Markt für Fair-Trade Produkte boomt. Eine Milliarde Euro wurde 2015 mit solchen Produkten umgesetzt. Laut Umfragen achtet jeder zweite Konsument auf nachhaltige Produkte. Die Realität ist aber leider eine andere.
Hart arbeitende Bauern auf afrikanischen Feldern. Frauen, die schwer tragen müssen, mehr als 12 Stunden täglich. Und das meist für einen Hungerlohn. Zuhause wollen wir aber nun mal jederzeit Bananen verfügbar haben, möglichst günstig. Regelmäßig neue Kleidung, um mit dem Trend zu gehen. Natürlich möglichst günstig. Doch der Trend geht weg von der „Geiz ist geil“ Mentalität. Kunden in Deutschland achten mittlerweile auf Fair-Trade Siegel auf Produkten. Ein Milliardenmarkt. Die Erzeuger sollen somit fairer behandelt werden und von ihrem Verdienst auch besser leben können. Die Fair-Trade Bewegung begann in den 1970er Jahren. Bauern sollen für ihre Ernte einen Preis bekommen, der losgelöst ist vom Weltmarkt. Also einen Mindestpreis. Ebenso soll ein besserer Zugang zu Krediten gewährleistet werden. Zusätzliche Investitionen in Umweltschutz, Schulen und der Bau von Brunnen sollen getätigt werden. Klingt alles erst einmal sehr vielversprechend, allerdings liegt der Teufel im Detail.
Der Haken steckt im Kleingedruckten
Nehmen wir ein handelsübliches Ben & Jerrys Karamelleis. Der Hersteller wirbt mit Fair-Trade Zutaten. Schaut man allerdings auf die Rückseite des Bechers, so erkennt man, dass lediglich 19 Prozent des Eises aus fair gehandelten Rohstoffen ist. Wie das geht? Ganz einfach: Das Eis ist gesetzlich ein sogenanntes Mischprodukt. Es enthält mehrere verschiedenster Zutaten. Der Kakao mag zwar fair gehandelt sein, der Zucker wiederum nicht. Und Milch wird gesetzlich ganz rausgerechnet. Da aber eine Zutat Fair-Trade Standards entspricht, darf es auch so deklariert werden,
Eine weitere Tücke ist der Mengenausgleich. Auch hier wieder ein Beispiel: Im Kleingedruckten eines Fair-Trade Zuckers steht: „Mit Mengenausgleich“. Das bedeutet, dass der Hersteller zum einen Zucker eines Fair-Trade Bauern bezieht, gleichzeitig auch aber konventionellen Zucker einkauft. Der Produzent vermischt beide Arten einfach. Aber alle Produkte können mit einem Siegel ausgezeichnet werden. Ein weiterer Nachteil betrifft die Bauern direkt. Kann ein großer Teil der Ernte nicht als Fair-Trade verkauft werden, so muss diese doch am Weltmarkt verkauft werden. Zu einem deutlich geringeren Preis. Etwa 30 Prozent muss ein Bauer gegen faire Konditionen verkaufen, um halbwegs vernünftig leben zu können.
Was sich ändern muss
Die Zuständigkeit hat hier die EU-Kommission. Momentan existieren 27 verschiedenen Fair-Trade Siegel in Deutschland. Alle mit unterschiedlichen Anforderungen. Der Begriff „Fair“ ist schlicht nicht rechtlich geschützt. Verbraucherschützer fordern hierzu klare Vorschriften, bessere Überwachung und effektivere Hilfe für Bauern.