16. Oktober 2015
Geschäftsleute freuen sich auf neue Chancen im Iran
Der deutsche Maschinenbau kennt viele Krisenherde. Der Handel mit Russland leidet unter den Sanktionen, der chinesische Markt schwächelt und gegen das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP gibt es weiterhin massive Proteste in der Bevölkerung.
Von „einer Dekade wachsender Unsicherheit“ spricht Reinhold Festge, der Präsident des Maschinenbauverbands VDMA. Schon im Juli hat der Verband seine Prognose von zwei Prozent Wachstum auf null heruntergesetzt, sowohl für dieses als auch für das kommende Jahr. „Wir werden zwei, drei Jahre eine Seitwärtsbewegung haben, vielleicht sogar eine kleine Abwärtsbewegung“, schätzt Festge. Natürlich sei er damit nicht zufrieden, aber angesichts der Lage wären die Zahlen in Ordnung. „Ich habe das Gefühl, dass wir nicht nur den Maschinenbau ins Ausland exportieren, sondern auch die deutsche Angst“, scherzt er.
Der Sektor Maschinenbau ist Deutschlands größter industrieller Arbeitgeber. Über einer Million Arbeitsplätze hängen daran. Neues Wachstum könnte in den nächsten Jahren ein Land bringen, das in der Exportrangliste momentan noch weit hinten liegt: der Iran. Mit einem Güterfluss im Wert von knapp 2,4 Milliarden Euro von Deutschland nach Teheran liegt das Land hinter Argentinien, Litauen und Algerien. Das wird sich im Laufe des kommenden Jahres wohl erheblich ändern.
Klaus Friedrich, VDMA Außenwirtschaft, über mögliche Wachstumsraten im Iran-Geschäft.
Dann sollen nämlich erstmals UN-Sanktionen fallen, die das Geschäft mit dem Iran in den letzten Jahren zu einer Geduldsprobe gemacht haben. Nach Jahren des Atomstreits haben sich die Vereinten Nationen im Juli mit der Iraner Regierung geeinigt. Das Land wird unter der Kontrolle der Internationale Atomenergiebehörde seinen Bestand an angereichertem Uran auf ein Dreißigstel reduzieren. So soll sichergestellt werden, dass der Iran die Atomkraft nur für friedliche Zwecke, nicht aber für die Herstellung von Waffen verwendet.
Den deutschen Maschinenbau erwarten vor allem einfachere Zahlungsvorgänge im Handel mit der Islamischen Republik, da deutsche Banken den Geldtransfer wieder aufnehmen dürfen. Außerdem sollen hohe Beträge von derzeit eingefrorenen Konten zurück ins Land fließen – rund 90 Millionen, schätzen Experten.
Rainer Bauer von der Hermann Bilz GmbH über die konservative Einstellung der Banken.
Auf dem Maschinenbaugipfel in Berlin ist die einhellige Meinung: Schnellstmöglichst alte Kundenkontakte auffrischen und neue Kontakte knüpfen. Noch habe sich de facto nichts geändert, sagt Klaus Friedrich, der Iranreferent des VDMA, aber die Geschäftsleute wollen vorbereitet sein. Es gebe im Iran momentan einen großen Nachfragestau, meint Rainer Bauer, der Geschäftsführer der Hermann Bilz GmbH, und den wolle man sich zu Nutze machen.
Feike Bakx über einen Neueinstieg der Christian Dunkel-Firma ins Irangeschäft.
Trotz des Optimismus, einfach würden die Geschäfte nicht, sagt Friedrich. Für die Dual-Use-Güter, also Waren, die prinzipiell auch zu militärischen Zwecken eingesetzt werden können, werde es nach Aufhebung des Embargos aufwendige Genehmigungsverfahren geben. Darunter werde unter anderem der Handel mit Werkzeugmaschinen leiden. Denn es gäbe weltweit nur eine Schlussprüfungsstelle in New York. „Durch diesen Flaschenhals gehen künftig alle Exporte.“
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