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Nachhaltiger Rohstoff: Textilien aus Algen 

Baumwolle ist das beliebteste Material für unsere Kleidung. Allerdings ist die Naturfaser nicht so ökologisch, wie oft angenommen. Sie benötigt immens viel Süßwasser für den Anbau und verunreinigt die Umwelt durch die Verwendung von Pestiziden. Aber auch Kunstfasern sind ökologisch gesehen aufgrund ihrer Erdölbasis keine gute Wahl. Ein Projekt aus Deutschland setzt nun auf einen alternativen Rohstoff: Algen. 

Ein Gastbeitrag von Tina Neubert

BIOTEXFUTURE ist einer von vier Innovationsräumen, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, kurz BMBF, im Rahmen der nationalen Forschungsstrategie Bioökonomie 2030 gefördert werden. Unter diesem Innovationsraum fließt auch das Teilprojekt AlgaeTex. AlgaeTex wurde im November 2020 ins Leben gerufen. Ziel ist die technische Machbarkeit der Herstellung von Biopolymeren aus Algen für textile Anwendungen zu demonstrieren. In drei Jahren Forschung werden verschiedene Mono- und Polymere mit einem hohen Anteil an algenbasierten Rohstoffen entwickelt. Unter den Projektpartnern sind das Fraunhofer IGB/CBP, die Universität Bayreuth, das Institut für Textiltechnik (ITA) der RWTH Aachen University und der Sportartikelhersteller Adidas.

Biobasiertes Multifilament aus Polyamid. © ITA
Biobasiertes Multifilament aus Polyamid. © ITA

 „Algen haben im Vergleich zu erdölbasierten Fasern großes Potenzial“, erklärt Ricarda Wissel. Die 29-Jährige macht ihren Master in Kunststoff- und Textiltechnik am ITA Aachen. Sie ist seit Oktober 2021 beim Projekt AlgaeTex dabei. „Algen stehen zum Beispiel nicht in Konkurrenz mit dem Lebensmittelanbau, da diese keine wertvollen Ackerböden wegnehmen. Außerdem erzeugen sie nur einen sehr geringen Wasserfußabdruck, werden nahezu CO2-neutral kultiviert und können das ganze Jahr über angebaut werden“, erläutert Wissel. Die Mikroalgen für das Teilprojekt werden am Fraunhofer IGB/CBP für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik am Standort Leuna kultiviert. Die dort wachsende Art Chlorella Vulgaris wird in Tanks angebaut und mittels ausströmenden Gasen verrührt. Das hilft dabei, alle Algen regelmäßig zu drehen, damit diese gut mit Nährstoffen versorgt werden.

Veranschaulichung Projektschritte
Veranschaulichung der Projektschritte. Grafik Tina Neubert

Extraktion und Synthetisierung 

Die nächste Station in Richtung Textil ist das ITA Aachen. Dort steht eine sogenannte Schmelzspinnanlage. Diese Maschine erhitzt das Granulat, bis es seinen Schmelzpunkt erreicht und presst dieses anschließend durch eine Spinndüse. „Das, was aus der Düse dann rauskommt, sieht aus wie Spaghetti. Diese werden nachfolgend texturiert, das heißt, die entstandenen glatten Garne werden gekräuselt. Dieser Schritt ist wichtig, da sich das Garn danach viel flauschiger anfühlt“, erklärt Wissel. Das ist vor allem für Textilien bedeutend, die Hautkontakt erfahren, da sich das Produkt auch gut anfühlen soll. 

Multifilament unter der Spinndüse im Blasschacht. © ITA
Multifilament unter der Spinndüse im Blasschacht. © ITA

Im letzten Schritt wird das Garn aus den Algen dann gestrickt. Neben dem ITA Aachen ist auch der Sportartikelhersteller Adidas an diesem Prozess beteiligt. Dieser stellt aus den gestrickten Garnen Textilien beziehungsweise sogenannte Demonstratoren her. Adidas ist der Endanwender und somit auch der Projektpartner, der die Anforderungen an das Algenprodukt stellt. Die Garne bezieht der Hersteller dann in seine Produktion mit ein. Bisher ist das Projekt noch in der Entwicklung und Forschung, folglich befinden sich auch noch keine Algentextilien von Adidas auf dem Markt. 

Bikomponentenschmelzspinnanlage im Technikummaßstab. © ITA
Bikomponentenschmelzspinnanlage im Technikummaßstab.  © ITA

Visionen des Projektes 

„Unsere Philosophie ist es, nie wieder Erdöl zu nutzen oder nutzen zu müssen“, erklärt Mathias Schmitz, 28-jähriger wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Textiltechnik Aachen. „Wir wollen in dem Projekt im Labormaßstab prüfen, ob aus Algen gewonnene Biopolymere für die Verwendung in Textilien überhaupt einsetzbar sind. Wenn sich das als erfolgreich herausstellt, können Nachfolgeprojekte ins Leben gerufen werden, die dann auch in einem größeren Maßstab weitere Forschung betreiben können“, erläutert Schmitz. Während des Projektes laufen stetig Nachhaltigkeits-, Prozess/Lieferketten- und Wirtschaftlichkeitsanalysen, um zu gewährleisten, dass die Produktion den ökologischen Anforderungen entspricht. Denn auch hier steht der Umweltschutz wieder an vorderster Stelle. „Im besten Fall erreichen wir ein sortenreines, recyclebares Produkt, womit der Verbrauch von Erdöl verhindert und durch den Einsatz von Biopolymeren ersetzt wird“, sagt Schmitz.

Die hergestellten Algen-Biopolymere erweisen sich bisher als sehr leicht und zugfest. Mögliche Anwendungsgebiete erstrecken sich über die Kleidungsherstellung bis hin zu medizinischen Anwendungen. Aber auch Verstärkungsfasern können ein Nutzen aus den gewonnenen Algengarnen sein. Erweist sich das Projekt AlgaeTex als Erfolg, ermöglicht dieses dem Rohstoff Alge weitere Entwicklungen, die ihn der Textilindustrie noch einen Schritt näherbringen. 

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