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Wie Weißbier den 30-jährigen Krieg finanzierte

Reinheitsgebot: die Geschichte und deren Bezug zum dreißigjährigen Krieg.

Ein Interview mit Dr. Markus Sailer, Biersommelier und Geschäftsführer von www.bukanter.de

Befootec: Herr Sailer, erläutern Sie mir bitte die Geschichte des Bayerischen Reinheitsgebots.

Markus Sailer:  Der geschichtliche Hintergrund ist sehr wichtig, man muss ihn im Kontext sehen.  Früher war es so, dass in Städten nahezu kein Wasser mehr gertrunken werden konnte. Wir hatten keine Kanalisation, das Wasser war teilweise so stark verkeimt, dass es im Zweifel lebensgefährlich war. Um die Bevölkerung gesund zu halten musste man ihnen etwas Vergorenes geben – da eine Gärung schon immer die Methode war um etwas zu sterilisieren. Entweder nimmt man einen Saft, oder Gerste und Malz, koche es aus und lasse es gären. Um 1200 bis 1300 hat man immer bestimmte Kräutermischungen genommen. Da war auch meistens Wildhopfen schon dabei, aber auch Früchte wie Kirschen oder Beeren. Hildegard von Bingen war begeisterte Biertrinkerin, die einzige Zutat, die sie für ungeeignet hielt war Hopfen. Dieser würde schließlich nur müde machen. Irgendwann hat man dann auch angefangen Sachen zu verwenden die nicht so gut waren, z.B. Ochsengalle. Auch diese ist bitter. Um sowas zu unterbinden hat man gesagt, „wir wollen einen Standard“, jemand der bei uns in der Stadt ein Bier trinkt kann sich sicher sein, sowas ist bei uns nicht drin. Da sich das Reinheitsgebot als voller Erfolg herausstellte, wurde es überregional eingeführt – die Geburtsstunde des Bayerischen Reinheitsgebots.

Befootec: Wieso wurde das Reinheitsgebot auf die Stoffe Wasser, Hopfen und Malz beschränkt?

Markus Sailer:  Es wurde sich gefragt, was nehme ich alles her zum Brauen? Weizen brauche ich zum Backen, Roggen brauche ich ebenfalls zum Backen. Hafer brauche ich für meine Pferde – was bleibt den übrig ? Gerste! Wie beschränkt man die Brauer nun? Ein Verbot hört sich nicht so gut an, also mache ich daraus ein Gebot – ein Reinheitsgebot. Eine Qualitätsbeschränkung nach oben wurde fest gelegt. Ausschließlich Gerste wurde zugelassen.

Befootec: Wie kommt es dann, dass viele Weißbierbrauereien eine Jahrhunderte alte Geschichte haben?

Markus Sailer: Ein Bier war schon immer etwas, das aus Getreide gemacht wurde, es gab auch damals schon Roggenbiere und ähnliches. Erst aufgrund des Reinheitsgebots wurde das Brauen mit anderen Getreidearten wie Gerste eingeschränkt. Aufgrund des leichten Geschmacks war Weizenbier allerdings sehr beliebt, die Nachfrage stieg. Also gingen die Brauer zu demjenigen, der das Gesetz erlassen hat und kauften sich die Konzession, dass man es doch brauen darf. Auch dies ist übrigens ein Grund weshalb großes Interesse bestand das Reinheitsgebot weiter zu erhalten. Der 30-jährige Krieg ist, von bayrischer Seite, zum größten Teil Weißbier finanziert.

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Das Interview führte Matthias Wencel (Technikjournalist der TH Nürnberg) für Befootec.

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