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Neptunbälle: Organisches Material als Dämmstoff

Monika Meier ist Geschäftsführerin des Unternehmens ‚NeptuGmbH’ mit Sitz in Karlsruhe. Kerngeschäft ist die Produktion und der Vertrieb des eigens entdeckten Dämmstoffes ‚NeptuTherm’. Dabei handelt es sich um eine Dämmung für Gebäude, die ausschließlich aus Seegras hergestellt wird. Im Interview verrät die Geschäftsführerin, welche Vorteile in dem natürlichen Material stecken und wie es überhaupt dazu kam, Seegras als Dämmstoff zu verwenden.

Ein Gastbeitrag von Lucas Ott

Wie sind Sie und Ihr Mann auf die Idee gekommen, dass Seegras als Dämmstoff in Frage kommt?

Meier: Ich war mit meinem Mann in Spanien im Urlaub. Als wir zusammen mit einem Freund einen Spaziergang entlang des Strandes machten, sahen wir überall diese braunen Bälle liegen. Ich nahm einen davon in die Hand und stellte fest, dass sie sich beim Öffnen toll anfühlen. Daraufhin fragte ich meinen Mann, der früher Professor an der SRH Heidelberg war und unteranderem Baustoffkunde als Themengebiet hatte, ob die Neptunbälle nicht irgendwie als Dämmstoff verwendet werden können. Er meinte zunächst, es gäbe schon so viele ähnliche Konzepte, ob mit Stroh, Gras oder Wolle. Aber als unser Freund, der uns begleitete, noch hinzufügte, dass die Teile nicht mal zum Kamin anzünden taugen, wurde mein Mann hellhörig.

Das organisches Material bietet viele Möglichkeiten

Wie ging es anschließend weiter?

Meier: Mein Mann ließ eine Plausibilitätsprüfung vom Fraunhofer IBP in Stuttgart durchführen. Neben der bereits angesprochenen schweren Entflammbarkeit ergab die Prüfung zudem noch weitere Eigenschaften. Die Fasern der Bälle verrotten nicht, obwohl es ein organisches Material ist und haben auch keine Probleme mit Wasser oder Erschütterungen. Speziell zum sommerlichen Wärmeschutz eignet sich NeptuTherm’ besser als alle anderen Dämmstoffe. Das sehr positive Ergebnis brachte uns dann dazu, ein Patent anzumelden, wodurch wir uns die alleinige Nutzung dieser Art von Dämmung sicherten.

Welche weiteren Vorteile hat es gegenüber herkömmlichen Dämmmaterialien wie Steinwolle, Styropor oder Mineralschaum?

Meier: Wenn Sie sich die Alternativen ansehen, die verbaut sind und verbaut werden, handelt es sich bei vielen davon um Sondermüll. Wer aktuell ein Gebäude renovieren möchte, muss für die Entsorgung der alten Dämmung eine Menge Geld zahlen und hoffen, dass überhaupt jemand den Müll abnimmt. Zudem ist beim Hantieren mit diesen Materialien eine entsprechende Schutzkleidung notwendig. Der Kontakt ist schädlich für die Gesundheit. Da es sich bei ‘NeptuTherm’ um einen rein organischen Stoff handelt, der ohne weitere Zusätze verarbeitet werden kann, bestehen diese Probleme nicht. Der Trend bewegt sich grundsätzlich immer weiter weg von den künstlichen Dämmstoffen. Beispielsweise ist es in Italien und bald auch in Österreich verboten, mit solchen Dämmmaterialien zu bauen. Die umweltverträgliche Alternativen werden sehr stark subventioniert.

Monika Meier, Geschäftsführerin der NeptuGmbH

“Es ist nur eine Frage der Zeit, bis in Deutschland ähnliche Maßnahmen in Kraft treten und natürliche Materialien noch gefragter werden.”

– Monika Meier

Sind die Menschen bereit, etwas mehr zu investieren, dafür aber eine umweltverträgliche Alternative zu verbauen? Erkennen Sie ein Umdenken?

Meier: Ich denke, dass besonders die Pandemie den Leuten etwas Zeit gab, sich mit Dingen wie Klimaschutz auseinanderzusetzen. Auch die Hochwasser in Deutschland, so schrecklich sie für viele waren, bringen die realen Folgen des Klimawandels direkt vor unsere Haustür und sensibilisieren Menschen zunehmend für ökologische Produkte.

Der Entstehungsprozess ist bislang unbekannt

Wo ist das Seegras beziehungsweise die Neptunbälle zu finden?

Meier: Prinzipiell gibt es Seegras an fast allen Stränden auf der Welt. Allerdings bildet nur die ArtPosidonia oceanica’ Bälle. Diese gibt es nur am Mittelmeer und an der Küste von Australien. Identisch zu Laubbäumen verliert auch das Seegras seine Blätter im Herbst. Wenn das passiert, reißen neben den Blättern selbst auch häufig Strünke mit ab. Die daran hängenden Fasern lösen sich mit der Zeit im Wasser ab und Rollen sich durch die Wellenbewegung am Meeresboden zu Bällen zusammen. Ob dieser Prozess einen Tag dauert oder vielleicht ein ganzes Jahr in Anspruch nimmt, ist noch ungeklärt.

Meist gilt Seegras an Stränden als ungewollter Müll aus dem Meer und wird mit viel Aufwand entfernt. Erleichtert das für Sie den Beschaffungsprozess, wenn Ihr Produkt als Abfall gilt?

Meier: Grundsätzlich braucht es immer eine Genehmigung, um etwas von einem Strand zu entnehmen. In Europa ist das schwierig, weil die meisten Strände von den anliegenden Kommunen verwaltet werden. Diese engagieren dann eigene Strandreiniger. Wir sind im Moment in Gesprächen, um die Neptunbälle auch von europäischen Stränden zu bekommen. Aktuell beziehen wir sie aber ausschließlich aus Tunesien und Albanien. Der Vorteil ist, dass wir dort dringend benötigte Arbeitsplätze schaffen, wofür sich auch ungelernte Arbeiter problemlos eignen.

Kennen Sie Methoden, wie die für ‘NeptuTherm’ benötigten Fasern geerntet werden könnten, um eine weitreichende Nutzung zu ermöglichen?

Meier: Ich selbst kenne keine Methode und kann mir auch nicht vorstellen, dass die Fasern auf eine konventionelle Weise geerntet werden können. In der Hinsicht sind wir wohl weiterhin auf das Sammeln am Strand angewiesen. Nichtsdestotrotz ist die Erweiterung von Seegraswiesen aber auch ohne den Gedanken an eine industrielle Nutzung ein sinnvolles Vorhaben. Solche Wiesen beherbergen nicht nur eine Vielzahl von Meerestieren, sondern können auch große Menge CO2 aufnehmen und die Strände vor Erosion schützen.

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