Fotocredits: Nora Zenk
27. Mai 2025
Die „Technik“ hinter unserem Lieblingsgetränk
Ein Gastbeitrag von Annika Schüller
Ob Zero-Getränk, Limonade, Bier oder Fruchtsaft – hinter jedem Getränk steckt ein komplexer Herstellungsprozess, der Präzision und technologisches Know-how erfordert. Wolfgang Utz, akademischer Direktor am Henriette Schmidt-Burkhardt Lehrstuhl für Lebensmittelchemie an der FAU Erlangen, erklärt, welche Prozesse nötig sind, um Getränke sicher, haltbar und geschmacklich optimal herzustellen.
Wie werden aus einfachen Zutaten trinkfertige Getränke?
Ein Getränk setzt sich aus unterschiedlichen Bestandteilen zusammen. Die einzelnen Komponenten müssen zunächst unter Zugabe von Wasser gemischt werden. Wasser enthält gelöste Gase, darunter Sauerstoff. Durch Anlegen eines Vakuums wird das Getränk entgast. Das Wasser wird über einen feinen Strahl in einen entlüfteten Tank geleitet. Verarmt man den Gasraum an Molekülen, so tritt mehr von dem Sauerstoff in den Gasraum, was eine entgaste Flüssigkeit zur Folge hat. Auf diese Weise werden unerwünschte Verfärbungen und Veränderungen des Getränkes verhindert.
Kohlensäure verändert Geschmack und Textur von Getränken. Mineralwasser enthält oft von Natur aus Kohlensäure, meist wird sie jedoch zugesetzt. Wie funktioniert das?
Anders als beim Sekt, bei dem die Kohlensäure durch eine natürliche Gärung innerhalb der Flasche oder eines Tanks entsteht, wird diese den meisten Getränken künstlich zugesetzt. Dazu wird Kohlensäure unter hohem Druck in die Flüssigkeit eingeleitet, sodass sie sich darin löst und für die gewünschte Spritzigkeit sorgt. CO2 ist ein inertes Gas, das kaum mit anderen Inhaltsstoffen reagiert und somit weder den Geschmack noch die Stabilität des Getränkes beeinflusst. Dieses Verfahren wird bei einer Vielzahl von Getränken angewendet, darunter Limonaden, Mineralwasser und Schaumweine, welche keine Flaschen- bzw. Tankgärung durchlaufen.
Wie wird ein Getränk haltbar gemacht?
Getränke werden meist durch Pasteurisierung haltbar gemacht – eine schonende Erhitzung, welche Mikroorganismen abtötet. Bei der Sterilisation, die mit höheren Temperaturen arbeitet, werden zusätzlich auch Bakteriensporen zerstört, wodurch das Getränk länger haltbar bleibt. Eine Zwischenlösung ist die Ultrahocherhitzung. Bei dieser kommen für kurze Zeit sehr hohe Temperaturen zum Einsatz, um Nährstoffe, wie Vitamin B1 in der Milch bestmöglich zu erhalten. Milch wird bei ca. 70 Grad für 20 Sekunden erhitzt, Säfte bei höheren Temperaturen für kürzere Zeit. Alternativ können Konservierungsstoffe zum Einsatz kommen, was jedoch meist vermieden wird. Die Konservierung hängt auch von der Abfüllmethode ab. Bei der Heißabfüllung wird das Getränk in heißem Zustand abgefüllt, wodurch sowohl das Getränk als auch die Flasche entkeimt werden. Der Nachteil: PET-Flaschen halten
Temperaturen über 70 Grad schlecht stand, sie werden weich und instabil. Bei der Kaltabfüllung wird das Getränk nach dem Pasteurisieren wieder heruntergekühlt und erst dann abgefüllt. Dafür muss die gesamte Abfüllanlage steril sein, einschließlich steriler Druckluft und keimfreier Flaschen. PET-Flaschen werden dazu oft mit Wasserstoffperoxid desinfiziert und anschließend mit sterilem Wasser ausgespült. Dieses Verfahren ist zwar sehr effektiv, aber auch aufwendig und teuer.
Welche Risiken bringt das Erhitzen mit sich?
Wenn Hitze einwirkt, können sich Inhaltsstoffe wie Aromastoffe oder Vitamine verändern.
Daher wird die Pasteurisierung so schonend wie möglich durchgeführt – idealerweise mit
niedrigen Temperaturen. Allerdings ist es oft vorteilhafter, für kurze Zeit höhere Temperaturen zu nutzen, statt das Getränk über längere Zeit mild zu erhitzen. Beim Erhitzen können zudem Aromastoffe in den Gasraum entweichen und verloren gehen. Um das zu verhindern, kühlt man den Gasraum gezielt ab, sodass sich die Aromastoffe wieder verflüssigen und dem Getränk erneut zugeführt werden können. Diese Technik kommt beispielsweise bei Orangensaft zum Einsatz. Da das Konzentrat direkt in den Erzeugerländern hergestellt wird, entzieht man zur einfacheren Lagerung und Transportreduzierung das
Wasser. Dieser Vorgang dauert lange und führt zum Verlust vieler Aromen, die dann durch Kondensation zurückgewonnen und bei der späteren Mischung wieder hinzugefügt werden. Neben Aromaverlust kann die Erhitzung auch zu chemischen Reaktionen führen, die das Getränk verfärben.
Gibt es neben dem Erhitzen noch andere Verfahren?
Ja, aber die meisten Alternativen sind entweder noch nicht weit genug entwickelt oder sehr teuer. Eine interessante Methode ist das sogenannte High Pressure Processing. Dabei werden Getränke hohem Druck ausgesetzt, wodurch die Zellen der Mikroorganismen zerstört werden – ganz ohne Erhitzung. Das schont den Geschmack und die Nährstoffe, doch die dafür nötigen Maschinen sind aufwendig und kostenintensiv. Eine weitere Möglichkeit sind elektrische Entladungen. Hier fließt das Getränk durch ein Rohrsystem und wird dabei gezielt elektrischen Impulsen ausgesetzt, welche die Bakterien abtöten. In einigen Ländern wird für Gewürze ionisierende Strahlung verwendet. Sie ist vergleichbar mit Sonnenstrahlung, wirkt sehr gezielt und hinterlässt kaum Spuren im Produkt. Dennoch wird diese Methode in Deutschland skeptisch betrachtet und kommt in der Getränkeindustrie nicht zum Einsatz.
Neben der Haltbarmachung ist der Schutz des fertigen Getränks nach der Abfüllung wichtig. Wie wird das Getränk vor Einflüssen wie Sauerstoff und Licht geschützt?
Gerade Bier reagiert äußerst empfindlich auf Sauerstoff, weshalb eine sauerstofffreie Abfüllung essenziell ist. Damit kein Sauerstoff in die Flasche gelangt, sind Kronkorken für Bierflaschen oft mit einer speziellen Gummierung versehen, die sogenannte Scavenger enthält. Diese Stoffe binden Sauerstoff, falls er eindringen sollte, und bilden so eine effektive Gasbarriere. Je nach Verpackungsmaterial gibt es unterschiedliche Herausforderungen. Besonders bei Kunststoffflaschen lässt sich der Gasaustausch nicht vollständig verhindern, sodass mit der Zeit Sauerstoff eindringen und Kohlensäure entweichen kann. Eine innovative Lösung ist eine hauchdünne Glasschicht im Inneren der Flasche. Diese ist unsichtbar und kaum spürbar, verhindert aber effektiv den Austausch von Gasen mit der Außenwelt. Der Schutz vor Licht erfolgt nicht durch Erhitzung, sondern über das Verpackungsmaterial. So werden Milchflaschen beispielsweise aus Braunglas statt Klarglas gefertigt. Der Grund: Licht kann mit den Inhaltsstoffen reagieren und zu unerwünschten Veränderungen führen – ein Effekt, der auch bei anderen lichtempfindlichen Getränken berücksichtigt werden muss.
Wie entstehen die Flaschen?
Flaschen werden entweder von den Herstellern selbst produziert oder zugekauft. Der Herstellungsprozess ist dabei stark vom jeweils verwendeten Material abhängig. Bei PETFlaschen wird das Material erhitzt und im Spritzgussverfahren zu einer Preform geformt, wodurch das exakte Gewinde entsteht. Anschließend wird es mit Druckluft aufgeblasen. Moderne Produktionsanlagen koppeln diesen Prozess direkt mit der Abfüllung. Die Flaschen unterscheiden sich in der Stabilität: Modelle mit fünf Ausbuchtungen am Boden sind für kohlensäurehaltige Getränke geeignet, da sie mehr Druck aushalten. Flaschen mit flachem Boden werden, aufgrund geringerer Stabilität für stille Getränke genutzt. Mehrwegflaschen haben oft einen Champagnerboden, welcher sich leichter reinigen lässt. Bei Glasflaschen entsteht die Form aus einer heißen Sandschmelze und Flussmitteln. Das flüssige Glas tropft in eine erste Form, in der die Mündung definiert wird. Anschließend wird es in die Endform gebracht und mit Druckluft aufgeblasen.