13. Dezember 2014
Vom Jubiläum zur Genossenschaft – Der Weg der Brauerei Weller Erlangen eG
Erlangen hatte im 19. Jahrhundert den Ruf als „Stadt des Bieres“. Mit fast 30 Brauereien und einem guten Eisenbahnnetz wurden Bier und Braustoffe in die ganze Welt exportiert. Auch heute noch erinnern manche amerikanische und schwedische Biersorten, die unter dem Namen „Erlanger“ verkauft werden, an diese Zeit. Aufgrund der Wirtschaftskrisen in den 1920er Jahren gibt es in Erlangen heute nur noch zwei Brauereien: Kitzmann und Steinbach. Eine dritte Privatbrauerei hätte nicht funktioniert und wollte auch niemand machen.
Aber Hans Kurt Weller, ein Ur-Urenkel einer ehemaligen Brauerei-Familie, ließ die Idee des Auflebens der alten Weller Brauerei nicht los.
„Meine Reisen zerstören mich; wie das englische Bier hier. Trink ich’s noch ein Jahr, so bin ich todt.“
Dieses Zitat stammt vom 1763 geborenen Jean Paul, einem deutschen Schriftsteller. Er war nicht nur ein berühmter Dichter, sondern auch ein großer Freund des oberfränkischen Bieres und ließ sich dieses zuschicken. Da ihm das eine Fass aber immer zu schnell ausging, zog er 1804 nach Bayreuth, denn dort schmeckte ihm das Bier am besten. Unterbrochen wurde sein letzter Wohnort nur von einigen Besuchen anderer Städte wie beispielsweise Bamberg oder Erlangen, wo er andere Schriftsteller traf und sich zusätzlich mit Bier bewirten ließ.
Erlangen hatte im 19. Jahrhundert den Ruf als „Stadt des Bieres“. Mit fast 30 Brauereien und einem guten Eisenbahnnetz wurden Bier und Braustoffe in die ganze Welt exportiert. Auch heute noch erinnern manche amerikanische und schwedische Biersorten, die unter dem Namen „Erlanger“ verkauft werden, an diese Zeit. Aufgrund der Wirtschaftskrisen in den 1920er Jahren gibt es in Erlangen heute nur noch zwei Brauereien: Kitzmann und Steinbach. Eine dritte Privatbrauerei hätte nicht funktioniert und wollte auch niemand machen.
Aber Hans Kurt Weller, ein Ur-Urenkel einer ehemaligen Brauerei-Familie, ließ die Idee des Auflebens der alten Weller Brauerei nicht los. Er dachte dabei im besten bürgerschaftlichen Sinne für Erlangen und entschied sich schließlich zu einer Genossenschaft: „Wir haben keine Firma gegründet, weil wir Profit machen wollten, sondern es war eine Jubiläumsidee.“
Die Geschichte der Brauerei
Die ehemalige Brauerei Weller hatte im Jahr 2011 ein Doppeljubiläum. 1811 gegründet und 1911 durch den Konzentrationsprozess in der Brauwirtschaft wieder geschlossen. Um an dieses Doppeljubiläum zu erinnern, ließen Hans Kurt Weller und ein Vorstandkollege den alten Bierdeckel der Brauerei nachdrucken.
Auch eine kleine Auflage von Bierkrügen wurde hergestellt, um die Bierdeckel zu finanzieren. Doch fremdes Bier im eigenen Bierkrug? Das geht nicht! Also wurden 5000 Liter Bier mit dem Lohnbrauverfahren hergestellt und konnten innerhalb von sechs Wochen verkauft werden. Das Bier kam bei den Erlangern so gut an, dass bei der Auftragsbrauerei nachbestellt werden musste. Die Bürger ließen nicht locker, als Weller den Auftrag im Herbst 2011 auslaufen lassen wollte. Und so entschied er, dass zusammen weitergemacht werden sollte. Die Idee der Genossenschaft war geboren.
Über 500 Genossen unterstützen die Brauerei Weller Erlangen eG bisher schon. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt, das nicht nur Spaß macht, sondern aus dem man auch einen Nutzen zieht: Die Genossen engagieren sich für ihre Stadt und sie profitieren, indem sie billiger Bier einkaufen und im Wirtshaus günstiger verköstigt werden können. Außerdem tragen sie akut zur Stadtentwicklung bei. Die Brauerei Weller eG ist im April 2014 in die Altstadtmarkt-Passage gezogen und will dort mit ihrem eigenen Braumeister, Dr. Martin Nagel, auch brauen und ihren Gastronomiebetrieb einrichten. Die Idee, die ehemalige Einkaufspassage der Altstadt neu zu beleben, kam von der Stadt Erlangen.
Die Neubelebung der Altstadtmarkt-Passage
Und weil die Altstadtmarkt-Passage die Besucher nicht mehr anlockt, versucht der Hamburger Investor, dem die Immobilie gehört, die Einkaufsstraße wieder anziehender zu machen. Da kommt die Brauerei Weller eG dem Immobilienkonzern gerade recht mit der Idee, eine Gasthausbrauerei zu eröffnen. Die Fassade der Passage stammt noch von der alten Henninger Brauerei, die dort bis 1974 in Betrieb war. Der Urgroßvater von Hans Kurt Weller, Johann Weller, hatte den Firmenmantel und den Kundenstamm der „Adam Weller Exportbierbrauerei“ im Frühjahr 1911 eben an diese Henniger-Reifbräu AG verkauft. „Nach gut hundert Jahren kommt die Familie Weller hier wieder zurück. Das hat was. In Erlangen ist alles sehr zusammenhängend“, schmunzelt Hans Weller. Auch eine persönliche Anekdote verbindet Weller noch mit der Altstadtmarkt-Passage, in der schon jedes mögliche Geschäft versucht hat, die Kunden anzulocken: „Ein Schuhhändler war in diesem Gebäude schon drin, ich glaube, dass meine Frau sogar ihre Hochzeitsschuhe hier gekauft hat.“
Auf die Frage, ob ihm das Bier, das die Genossenschaft bisher im Lohnbrauverfahren, also bei einer anderen Brauerei im Auftrag der Brauerei Weller Erlangen eG, herstellen lässt, denn schmeckt, antwortet Weller mit einem lauten und überzeugten: „Ja, sonst wäre es so nicht auf dem Markt!“ Bisher gibt es zwei Sorten Bier: Das „3×11“, das Traditionsbier aus dem Jahr 2011, und das „Jean-Paul-Bier“, welches zum 250. Geburtstag des Dichters Jean Paul im Jahr 2013 kreiert wurde.
Die geplante Eröffnung
Ein mögliches Eröffnungsdatum will Hans Kurt Weller noch nicht nennen. Zu groß ist der Respekt vor den Genossen und deren möglichen Enttäuschung, wenn der Termin nicht einhaltbar ist. Aber das Ziel steht, im späten Herbst 2015 zu eröffnen. Laut Weller sind alle Vorarbeiten geleistet, um den letzten Antrag für die Städtebauförderung zu stellen. Das Problem dabei ist, dass man alles vorbereitet haben muss, bevor man den Förderantrag stellen kann. Es darf nichts, weder ein Pachtvertrag noch eine Baugenehmigung oder ein Auftrag erteilt worden sein, bevor die Stadt Erlangen zu dem Projekt nicht „ja“ gesagt hat. Aber es wäre wirklich eine Überraschung, wenn dies eine echte Hürde wäre, denn die Stadt Erlangen selbst kam auf die Idee, das Projekt in die Altstadtmarkt-Passage zu bringen. Geplant ist laut Hans Kurt Weller ein halbes Jahr Bauzeit. „Als Erklärung: Alle Beteiligten machen dies ehrenamtlich. Die Stadt, der Eigentümer und auch die Bürger sind froh, dass wir da angefangen haben. Von daher habe ich kein schlechtes Gewissen, wenn sich der Eröffnungstermin um zwei Monate verschiebt.“ Und wer sollte es ihm verübeln?