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Motivation im Sport – Interview mit Alexander Woll

Ein Gastbeitrag von Philipp Ebnet

Alexander Woll ist Institutsleiter des Instituts für Sport und Sportwissenschaft des Karlsruher Instituts für Technologie. Sein Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich Sport und Gesundheit über die Lebensspanne. Er sieht, dass Tracker einen positiven Einfluss auf die Motivation haben.

Welche Arten der Motivation gibt es?

Wir unterscheiden zwei Arten der Motivation: Intrinsische Motivation kann als innerer Antrieb bezeichnet werden, der durch positive Gefühle, Interesse, Freude, Sinnhaftigkeit oder Herausforderung ausgelöst wird. Demgegenüber steht die extrinsische Motivation, die durch äußere Anreize wie Belohnung oder Bestrafung hervorgerufen wird. Die intrinsische Motivation zeichnet sich durch echte Freude an einer Aufgabe aus und führt meist zu einer höheren Leistungsbereitschaft und einem höheren Engagement. Sie kann zum Beispiel durch die Wahrnehmung von Fortschritt oder Erfolg gefördert werden. Ebenso ist die Wahrnehmung von eigener Selbstwirksamkeit hierfür von zentraler Bedeutung.

Ist es eher motivierend oder demotivierend, sportliche Ziele dem Freundeskreis mitzuteilen?

Hier heißt die Antwort klar: Sowohl als auch. Wenn der Partner oder der Freundeskreis die Ziele kennen, kann soziale Unterstützung von außen kommen. Dies kann zu Freude bei der Aufnahme oder dauerhaften Aufrechterhaltung von sportlicher Aktivität führen. Wenn es aber extrem ambitionierte, gar nicht zu erreichende Ziele sind, dann kann es demotivierend sein, die Ziele dem Freundeskreis mitzuteilen. Menschen fühlen sich sehr schnell sozial blamiert, wenn sie die kommunizierten Ziele nicht erreichen. Unrealistische Zielsetzungen verbunden mit sozialem Druck erhöhen also die Wahrscheinlichkeit, dass man die Aktivitäten reduziert oder ganz damit aufhört.

Welchen Einfluss hat die Länge der geplanten Sporteinheit auf die Motivation?

Die Länge der geplanten Sporteinheit kann einen großen Einfluss auf die Motivation haben, insgesamt hängt die Motivation aber von vielen Faktoren ab, wie etwa der genannten realistischen Zielsetzung. Um die Motivation zum Sport aufrechtzuerhalten, ist die Integration von Sport in den Alltag wichtig. Dabei hilft es, wenn Sport Spaß macht und eventuell Freunde oder Partner einbezogen werden. Für die Integration in den Alltag können für manche Menschen kürzere, aber intensivere Einheiten leichter umsetzbar sein. Selbst kurze Einheiten sind hilfreich, denn auch diese haben positive Effekte auf die Fitness. Die Länge und Frequenz der Sporteinheiten sollte aber auch von den Zielen und dem Trainingsplan abhängen. Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es einen optimalen Zeitpunkt, wann ein Training auf das andere folgen sollte, um eine Leistungssteigerung zu erreichen. Grundsätzlich hat jedes Training einen Effekt, nur wenn die Reize zu weit auseinanderliegen, wird es eher zu einer Erhaltung als zu einer Leistungssteigerung kommen.

Manche Menschen brennen für eine bestimmte Sportart, können sich für andere Sportarten aber nicht aufraffen. Woran liegt das?

Jeder Mensch ist nun einmal ein Individuum mit eigenen Erfahrungen und Motiven. Zu welcher Sportart man Zugang findet, ist häufig dem Zufall geschuldet. Erste Erfahrungen können etwa über den Schulsport, Arbeitsgemeinschaften oder Wahlfächer in der Schule, aber auch über Eltern, Freunde und Geschwister gesammelt werden. Wie es dann dazu kommt, dass man dafür brennt, hängt auch wieder mit den eigenen Motiven und der eigenen Motivation zusammen. Hat man beispielsweise das Motiv, etwas für seine Gesundheit zu tun, dann wird man tendenziell mit einer Sportart glücklicher, die dieses Motiv ausreichend bedient.

Welche Sportart ist am motivierendsten?

Dies kann nicht allgemein beantwortet werden, sondern hängt erneut mit den bereits genannten Motiven und Eigenschaften jedes einzelnen zusammen. Menschen, die gerne in Konkurrenz treten und viel Motivation aus Wettkampfsituationen ziehen, werden im Yogakurs eher unwahrscheinlich auf ihre Kosten kommen. Am besten motiviert, was zu mir passt. Aber auch der soziale Kontext darf nicht vernachlässigt werden. Diejenigen, die Geselligkeit schätzen, werden im Gruppensport, vor allem, wenn sie eine Gruppe mit hoher sozialer Zugehörigkeit finden, vermutlich glücklicher als in Individualsportarten. Generell hat Sport eine hohe soziale Komponente und vielen Personen hilft die soziale Eingebundenheit, die Sportaktivität aufrechtzuerhalten. Es lässt sich aber nicht verallgemeinert beantworten, ob Individual- oder Gruppensport motivierender ist, da die Motivation von sehr vielen Faktoren abhängt, unter anderem auch davon, wo Erfolgserlebnisse und Anerkennung erfahren werden.

Welchen Einfluss hat Schulsport auf unser Verhältnis zu Sport?

Schulsport kann einen sehr hohen Einfluss auf das Verhältnis zu Sport haben. Vor allem positive Erlebnisse im Schulsport stärken das spätere Verhältnis zu Sport. Im Schulsport wird soziales Lernen ermöglicht, da hier Wettkampfsituationen geschaffen werden können, bei denen die Kinder und Jugendlichen auch mal die Kräfte messen dürfen. Häufig ist zu hören, dass Menschen schlechte Erfahrungen im Schulsport gemacht haben, diese sind aber nicht unmittelbar verantwortlich für ein schlechtes Verhältnis zu Sport. Mittlerweile hat sich der Sportunterricht und die Ausbildung der Lehrkräfte verändert, so dass die Themen Gesundheit und psychosoziale Entwicklung stärker im Fokus stehen. In unserer Sportlehrerausbildung legen wir großen Wert darauf, dass die Sportlehrerinnen und Sportlehrer in die Lage versetzt werden, den Sportunterricht mehrperspektivisch zu gestalten, um möglichst viele Motivdimensionen von Kindern und Jugendlichen anzusprechen. Das langfristige Ziel ist es, möglichst alle Kinder zu lebenslangem Sporttreiben heranzuführen.

Wie lange dauert es, bis Sport zur Gewohnheit geworden ist?

Wenn man das Sporttreiben mit einer Verhaltensänderung gleichsetzt und aus der Perspektive der Verhaltenswissenschaft betrachtet, benötigt es ein Minimum von zwei Monaten, um sich neue Verhaltensmuster anzugewöhnen. Da das Sporttreiben aber von sehr vielen Faktoren abhängt, wie etwa Motivation, demographischen und psychosozialen Faktoren, aber auch der sozialen und technischen Umwelt, lässt sich der Übergang in eine Gewohnheit nicht direkt vorhersagen. Wichtig ist auch, wie gut Sport in den Alltag integriert wird. Wenn es gelingt, eine körperliche Aktivität mindestens 6 Monate in den Alltag einzubauen, dann kann man von einer Gewohnheit sprechen.

Welchen Einfluss haben Tracker, Apps und die Aufbereitung von Daten auf unsere Motivation?

Die Verwendung von Trackern und App-basierten Tools zur Überwachung von Gewohnheiten kann einen großen Einfluss auf unsere Motivation haben. Viele Apps bieten Funktionen wie das Festlegen individueller Ziele, das Verfolgen von Fortschritten oder das Anzeigen von Auswertungen und Vergleichen oder schicken Erinnerungen und motivieren so, Gewohnheiten beizubehalten. Den Fortschritt und das Erreichen bestimmter Ziele deutlich zu sehen, kann sehr motivierend sein. Studien zeigen etwa, dass die wahrgenommene und die tatsächliche Bewegung oft weit auseinanderliegen. Tracker ermöglichen hier das Erleben von Fortschritt und Erfolg und eine wertvolle Trainingssteuerung. Bei einzelnen Personen kann es Tendenzen geben, dass Leistung wichtiger als Spaß wird, allerdings überwiegen die positiven Effekte bei der Objektivierung von Bewegung und Sport.

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